Adventskalender 2014 ~ Türchen 6 – Nikolaus

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Knecht Rupprecht (drauß vom Walde)

Von drauß vom Walde komm‘ ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor,
Und wie ich so strolcht‘ durch den finstern Tann,
Da rief’s mich mit heller Stimme an:
„Knecht Ruprecht“, rief es, „alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt‘ und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens ruhn;
Und morgen flieg‘ ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!“
Ich sprach: „O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo’s eitel gute Kinder hat.“ –
„Hast denn das Säcklein auch bei dir?“
Ich sprach: „Das Säcklein, das ist hier;
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Essen fromme Kinder gern.“ –
„Hast denn die Rute auch bei dir?“
Ich sprach: „Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten.“
Christkindlein sprach: „So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!“
Von drauß vom Walde komm‘ ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find‘!
Sind’s gute Kind, sind’s böse Kind?

Theodor Storm (1817 – 1888)

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Adventskalender: Türchen #5 – Legende des Stiefelputzens zu Nikolaus

Wie jedes Jahr am 6. Dezember ist es auch dieses Jahr wieder Zeit für artige Kinder, ihre Stiefel und Schuhe vor die Tür zu stellen und auf die süßen Gaben des Nikolaus zu warten. An keinem anderen Tag des Jahres polieren Kinder ihre Schuhe mit so viel Sorgfalt und Motivation. An keinem anderen Morgen eilen sie schneller an die Tür, um zu schauen, ob der Nikolaus in der Nacht da war und ihnen Süßes und Geschenke gebracht hat.

Aber woher kommt dieser beliebte Brauch? Er geht auf den heiligen Bischof Nikolaus von Myra zurück, um dessen Wohltätigkeit sich zahlreiche Legenden ragen. Ganz genau lässt sich nicht sagen, wie die Tradition zustande kam, aber die folgende Geschichte, von der mehrere Versionen bestehen, hat sicher eine Menge damit zu tun. Noch bevor der junge Nikolaus Bischof wurde, hörte er eine traurige Geschichte.

Der arme Vater dreier Töchter konnte diese nicht verheiraten, da ihm das Geld für die Mitgift fehlte. Das Familienoberhaupt sah sich schon gezwungen seine Mädchen in die Prostitution zu schicken, als Nikolaus ihnen doch noch ein ehrenhaftes Leben ermöglichte. Als er von den armen Mädchen erfuhr, beschloss er zu helfen. Nikolaus hatte gerade ein großes Vermögen geerbt, das er dafür nutzte. In drei aufeinanderfolgenden Nächten warf er Gold durch den Kamin des Hauses des Vaters und seiner Töchter. Dabei verfingen sich die Goldklumpen in den, am Kamin zum Trockenen aufgehängten, Strümpfen der Mädchen. So rettete der heilige Nikolaus die Ehre der drei Mädchen und schuf einen schönen Brauch.

Wegen dieser Legende wird der heilige Nikolaus oft mit drei goldenen Bällen oder auch Äpfeln dargestellt. Und hier entstand auch der Brauch Stiefel oder Strümpfe am Nikolaustag mit Süßigkeiten zu füllen, um anderen eine Freude zu machen. Im angelsächsischen Bereich hängt man bis heute in der Adventszeit Socken an den Kamin, die der Nikolaus oder auch Santa Claus, mit Leckereien und kleinen Geschenken füllt. Bei diesen köstlichen Aussichten, lohnt es sich mal wieder kräftig die Stiefel zu bürsten!