Prof. Dr. med. Stefan Endres, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
Beschreibung
Morbus Crohn (Abkürzung: M. Crohn) ist eine chronische, schubweise verlaufende Entzündung aller Schichten der Darmwand. Typische Krankheitszeichen sind Bauchschmerzen, wie bei einer Blinddarmentzündung im rechten Unterbauch mit Durchfällen ohne Blut.
Die Krankheit betrifft bei etwa 30 Prozent der Patienten ausschließlich den letzten Teil des Dünndarms (Ileum) und circa 25 Prozent isoliert den Dickdarm (Kolon). In etwa 45 Prozent der Fälle sind sowohl Dünndarm als auch Dickdarmabschnitte betroffen. M. Crohn kann jedoch auch andere Bereiche des gesamten Magen-Darm-Trakts befallen.
In gewisser Hinsicht ähnelt Morbus Crohn der manchmal nur schwer zu unterscheidenden Colitis ulcerosa (chronische Dickdarmentzündung), die jedoch auf den Dickdarm beschränkt ist. Beide Krankheiten zählen zu den sogenannten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED).
Meistens tritt Morbus Crohn im Alter zwischen 15 und 34 Jahren erstmals in Erscheinung, seltener bei kleinen Kindern. Männer und Frauen sind ungefähr gleich häufig betroffen. In Deutschland gibt es jährlich rund fünf Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Morbus Crohn ist bis heute nicht heilbar, es lassen sich nur die Beschwerden lindern.
Ursachen
Prof. Dr. med. Stefan Endres, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
Die Ursachen für Morbus Crohn sind trotz intensiver Forschung noch nicht geklärt. Vermutlich gibt es ein Zusammenspiel zwischen erblichen, infektiösen, psychischen, vor allem aber immunologischen Faktoren:
- Mittlerweile wurden mehrere Erbfaktoren entdeckt, die das Risiko für die Krankheit erhöhen.
- Welche Umweltfaktoren eine Rolle spielen, ist unklar. Es wird vermutet, dass Rauchen das Erkrankungsrisiko erhöht.
- Psychosozialer Stress steht im Verdacht, bei entsprechender Veranlagung zur Krankheitsaktivierung zu führen. Zudem kann Stress bei Morbus-Crohn-Patienten zum Auftreten erneuter Entzündungen führen.
Symptome
Prof. Dr. med. Stefan Endres, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
In den befallenen Darmabschnitten entzünden sich bei Morbus Crohn alle Schichten der Darmwand, wobei zwischen den Entzündungsherden immer wieder gesunde Stellen liegen. Heilen die erkrankten Regionen ab, hinterlässt die Entzündung Narben, die den Darm verengen. Die vernarbten Abschnitte können Darmverschlüsse verursachen.
Zusätzlich bilden sich bei Morbus Crohn abgekapselte Eiteransammlungen (Abszesse) und fehlerhafte Verbindungsgänge (Fisteln) zu benachbarten Geweben oder Organen (andere Darmabschnitte, Blase, Bauchhaut). In entzündeten Darmabschnitten werden Nahrungsbestandteile nicht mehr ausreichend aufgenommen.
Je nachdem, wie weit sich Morbus Crohn im Darm ausgebreitet hat, sind die Beschwerden sehr unterschiedlich. Viele Patienten haben über eine längere Zeit hinweg nur geringe Symptome, und es vergehen oft Jahre, bis die Erkrankung erkannt wird.
Typische Anzeichen für Morbus Crohn
Häufig sind Fisteln im Afterbereich das erste Anzeichen für einen Morbus Crohn. Durchfall, Bauchschmerzen und Gewichtsabnahme über mehr als sechs Wochen gelten als weitere Hinweise auf die Erkrankung, genauso wiederkehrende Vereiterungen (Abszesse) im Unterleib und am Darm.
- Mehr als sechs Wochen andauernder Durchfall (drei- bis sechs Mal am Tag), meist ohne Blut
- Schmerzen in der unteren rechten Seite des Bauches – ähnlich einer Blinddarmentzündung
- Leichtes Fieber
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Allgemeines Krankheitsgefühl
Daneben treten bei Morbus Crohn in manchen Fällen auch noch Beschwerden außerhalb des Verdauungstrakts (extraintestinale Manifestationen) auf. Beispiele sind Gelenkentzündungen, Hautveränderungen wie Erythema nodosa (knotige und entzündliche Verdickungen der Haut) oder Wundstellen der Mundschleimhaut (Aphthen), Augenentzündungen (zum Beispiel Uveitis, Keratitis), Osteoporose, Leberentzündung.
Morbus Crohn verläuft entweder chronisch – das heißt, die Beschwerden dauern länger als sechs Monate – oder schubweise. Im zweiten Fall verschwinden die Symptome zeitweise vollständig, kommen aber nach einer bestimmten Zeit wieder. Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall beträgt nach einem Jahr etwa 30 Prozent, nach zwei Jahren steigt sie auf bis zu 70 Prozent.
Diagnose
Prof. Dr. med. Stefan Endres, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
Am Anfang der Diagnose von Morbus Crohn stehen eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), die auch eine Familienanamnese umfasst, und eine körperliche Untersuchung. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung prüft der Arzt unter anderem, ob ein Druckschmerz im Bereich des Bauches vorliegt. Zudem untersucht er Mundhöhle und den After des Patienten auf typische Krankheitszeichen.
Darmspiegelung und Gewebeprobe
Die geeignetste Methode für die Diagnose des Morbus Crohn ist die Darmspiegelung (Ileokoloskopie). Dabei werden Gewebeproben aus den untersuchten Darmsegmenten entnommen. Die Proben werden im Labor unter dem Mikroskop untersucht. So lässt sich abklären, ob eine Entzündung vorliegt, wie diese beschaffen und wie sie verteilt ist. Zudem sind mögliche Fisteln oder Darmverengungen (Stenosen) erkennbar. Zusätzlich sollten auch der Magen und der Zwölffingerdarm untersucht werden (Magenspiegelung).
Die Ultraschall-Untersuchung (Sonografie) der Darmwand spielt bei Morbus Crohn eine große Rolle als Screeningmethode und in der Verlaufskontrolle. Zudem können auch Röntgen-Untersuchungen unter Verwendung eines Kontrastmittels durchgeführt werden, um die Diagnose zu stellen.
Kernspintomografie (MRT) und Computertomografie (CT) zeigen Veränderungen in den Dünndarmteilen, die nicht bei der Darmspiegelung eingesehen werden können. Bei einer Blutanalyse werden zum Beispiel der CRP – ein Wert der auf Entzündungen hinweist– bestimmt, und ein Blutbild angefertigt.
Therapie
Dr. med. Nina Buschek
Schub-Therapie
Die Mehrzahl aller Patienten mit leichtem oder mittelschwerem Morbus Crohn sind ambulant behandelbar. Manchmal lässt sich ein Krankenhausaufenthalt jedoch nicht vermeiden.
Verschiedene Laborwerte können für die Entscheidung, welche Therapie bei Morbus Crohn anzuwenden ist, wichtig sein. So hilft etwa die CRP-Bestimmung, den Krankheitsverlauf zu beurteilen oder das Risiko für einen Rückfall abzuschätzen. Bei Entzündungsprozessen ist die Menge des C-reaktiven Proteins (CRP) im Blut erhöht. Zudem werden Anzahl und Beschaffenheit der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) untersucht, um eine Blutarmut (Anämie) aufzudecken.
Die Therapie eines akuten Krankheitsschubs bei Morbus Crohn wird in Stufen gesteigert – je nachdem, wie schwer der Schub verläuft:
Geringe Aktivität: Die lokale Therapie von Morbus Crohn mit dem Kortikosteroid (Kortison) Budesonid (pro Tag als Einmalgabe oder verteilt über drei Einzeldosen) ist hier das Mittel der Wahl.
Hat der von Morbus Crohn betroffene Patient keine Beschwerden außerhalb des Verdauungstraktes (extraintestinale Manifestationen), kann eine Ernährungstherapie oder eine symptomatische Therapie (zum Beispiel mit Mitteln gegen die Schmerzen, Krämpfe und den Durchfall) ausreichen.
Mäßige Aktivität: Budesonid oder systemische (im gesamten Körper wirksame) Kortisonpräparate. In einigen Fällen ist auch eine Ernährungstherapie sinnvoll. Zusätzlich werden Antibiotika verabreicht, wenn der Verdacht auf bakterielle Infektionen besteht.
Hohe Aktivität: Kortisonpräparate und gegebenenfalls weitere Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken (zum Beispiel Azathioprin). Hilft diese Behandlung nicht und ist eine Operation nicht sinnvoll, werden Antikörper gegen Entzündungsfaktoren (TNF-Antikörper) gegeben.
Therapie in der Ruhephase (Remissionserhalt)
Bei vielen Patienten mit Morbus Crohn wechseln sich Krankheitsschübe mit beschwerdefreien Zeiten (Remissionsphasen) ab. Eine spezielle Behandlung während dieser Ruhephasen ist nicht in jedem Fall notwendig. Individuelle Faktoren (zum Beispiel der jeweilige Krankheitsverlauf) bestimmen, ob und wie lang eine remissionserhaltende Therapie durchgeführt wird und welche Medikamente dabei eingesetzt werden.
Medikamente
Die Ursachen des Morbus Crohn sind nicht ausreichend bekannt. Deshalb lassen sich oft nur die Entzündung dämpfen und die Beschwerden lindern. Mit Medikamenten kann über einen gewissen Zeitraum auch ein Rückfall verhindert werden.
Folgende Medikamente werden zur Behandlung von Morbus Crohn eingesetzt:
5-ASA: Mesalazin oder Sulfasalazin wirken gezielt entweder im Dünndarm oder erst im Dickdarm. Sie sind bei Morbus Crohn weniger wirksam als bei der Colitis ulcerosa und werden nur bei leichtem Verlauf gegeben.
Kortisonpräparate: Das körpereigene Hormon Kortison wirkt entzündungshemmend, zudem drosselt es die Aktivität des Immunsystems. Chemisch hergestellte Kortisonverbindungen sind wichtige Medikamente während eines akuten Morbus Crohn-Schubs. Bei milden und mäßigen Beschwerden und wenn sich der Entzündungsort im unteren Teil des Dickdarms befindet, wirken sie direkt vor Ort (als Zäpfchen oder Einlaufpräparate). So verursachen sie weniger Nebenwirkungen. Stärkere Beschwerden werden mit Tabletten behandelt, deren Wirkstoff sich im ganzen Körper verteilt (systemisch).
Antibiotika wie Metronidazol und Ciprofloxacin werden vor allem dann eingesetzt, wenn zusätzlich zu der Darmentzündung eine bakterielle Infektion vorliegt oder zu entstehen droht. Die Behandlung ist vor allem bei Fisteln wichtig. Fisteln sind neu entstandenen Verbindungen zwischen Darm und umliegendem Gewebe oder Organen. Durch sie besteht die Gefahr, dass Darmbakterien außerhalb des Darms Infektionen auslösen.
Mittel, die das Immunsystem bremsen (Immunsuppressiva) werden bei schweren Verläufen von Morbus Crohn eingesetzt. Wenn Kortisonpräparate nicht ausreichend wirken, zu starke Nebenwirkungen verursachen oder aus einem anderen Grund nicht eingenommen werden dürfen, weicht man ebenfalls auf diese Medikamente aus. Häufig wird der Wirkstoff Azathioprin eingesetzt.
TNF-Antikörper: Für manche Patienten mit Morbus Crohn und sehr schwerem Krankheitsverlauf gibt es neue entzündungshemmende Medikamente mit den Wirkstoffen Infliximab oder Adalimumab (TNF-Antikörper). Diese Substanzen binden Botenstoffe (Zytokine) zwischen den Entzündungszellen und verhindern ein Ausbreiten der Entzündungsreaktion.
Operativer Eingriff
Bei 70 Prozent der Morbus Crohn-Patienten ist innerhalb der ersten fünfzehn Krankheitsjahre ein chirurgischer Eingriff nötig – trotz medikamentöser Therapie. Nicht selten sind auch wiederholte Operationen notwendig. Bei einer Operation passiert Folgendes:
- Verengte Stellen im Darm werden mit einem Ballon aufgedehnt.
- Fisteln werden verschlossen, Abszesse aufgeschnitten
- Stark befallene Darmabschnitte werden chirurgisch entfernt; dieser Eingriff wird erst bei schwerwiegenden Komplikationen durchgeführt, z.B. Darmdurchbruch, Bauchfellentzündung oder Darmverschluss.
Richtige Ernährung
Die richtige Ernährung ist bei Morbus Crohn-Patienten wichtig, wenn es auch keine allgemein gültigen Richtlinien dafür gibt. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, wie Sie einem Mangel an Vitaminen, Eiweißen, Eisen oder Nährstoffen vorbeugen können. Während eines akuten Schubs lindert eine ballaststofffreie Kost (Astronautennahrung) häufig die Beschwerden. Patienten mit besonders schweren Schüben werden über den Tropf ernährt, was den gereizten Darm entlastet.
Was Sie selbst tun können
Achten Sie auf Anzeichen einer Krankheitsverschlechterung, wenn Sie an Morbus Crohn erkrankt sind. Blut im Stuhl, neue oder andersartige Schmerzen sowie unerklärliches Fieber können auf eine Verschlechterung hinweisen.
Während eines akuten Morbus Crohn-Schubs ist körperliche Ruhe wichtig. Zwischen den Schüben können Sie Ihrer gewohnten Arbeit nachgehen.
Bezüglich der Ernährung gibt es bei Morbus Crohn zwar keine allgemeinen Einschränkungen, Sie müssen aber besonders auf eine gesunde Kost achten. Aufgrund des angegriffenen Darms kommt es sonst schneller zu einer Mangelernährung.
Sollten Sie ein bestimmtes Nahrungsmittel nicht vertragen, streichen Sie es von Ihrem Speiseplan. Etwa 30 Prozent der Patienten mit Morbus Crohn vertragen beispielsweise keinen Milchzucker (Laktose-Unverträglichkeit). In diesen Fällen empfiehlt sich eine Ernährung ohne Milch und Milchprodukte, beziehungsweise laktosefreie Kost. Andere Menschen leiden an einer Fruktoseintoleranz und müssen Fruchtzucker meiden.
Oft bestimmt Morbus Crohn das gesamte Leben eines Patienten. Hier hilft möglicherweise eine Psychotherapie, in der Sie einen besseren Umgang mit der Krankheit lernen. In vielen Fällen steigert dies das Wohlbefinden und verringert manchmal auch die Beschwerden.
Prognose
Prof. Dr. med. Stefan Endres, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
Die Prognose bei Morbus Crohn hängt vor allem davon ab, wie ausgeprägt die Erkrankung ist. Morbus Crohn ist nicht heilbar, aber die Beschwerden lassen sich lindern. Außerdem gibt es oft jahrelange Phasen, in denen ein Patient beschwerdefrei ist – bis sich die Krankheit erneut bemerkbar macht. Eine konsequente Selbstbeobachtung der Patienten und regelmäßige Arztbesuche sind erforderlich, um Anzeichen eines neuen Krankheitsschubs und eventuelle Komplikationen des Morbus Crohn so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln. Zu diesem Aspekt gehören regelmäßige Kontrolluntersuchungen auf bösartige Wucherungen.
Wird Morbus Crohn richtig therapiert, haben die meisten Patienten eine normale Lebenserwartung. Wichtig ist deshalb, dass Sie einen erfahrenen Arzt Ihres Vertrauens aufsuchen.
Vorbeugen
Dr. med. Nina Buschek
Da die Ursachen von Morbus Crohn nach wie vor nicht bekannt sind, lässt sich auch nicht sagen, ob und wie man der Erkrankung vorbeugen kann. Mediziner kennen mittlerweile allerdings einige vermeidbare Risikofaktoren wie Rauchen und psychosozialen Stress.
Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend viel Schlaf, regelmäßiger Bewegung und einer reizarmen Ernährung unterstützen die beschwerdefreien Intervalle.
(Quelle: netdoktor.de)