Adventskalender 2015 ~ Türchen 31

31

Das alte Jahr ist morgen futsch!

Für Mitternacht einen guten Rutsch!

Das neue Jahr soll Glück euch bringen,

für Gesundheit, Herz und in anderen Dingen!

Um gut das alte Jahr hinter uns zu lassen und das neue Jahr lachend zu beginnen, empfehle ich euch meine 2 Silvester-Lieblings-Traditionssendungen im TV: “Dinner for one oder der 90. Geburtstag” und “Ein Herz und eine Seele – Sylvesterpunsch”

Ich wünsche euch nun allen einen guten, feucht fröhlichen Rutsch ins Jahr 2016 und hoffe, wir lesen uns alle im kommenden Jahr wieder.

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 30

30

Die sieben Raben – Gebrüder Grimm

Ein Mann hatte sieben Söhne und immer noch kein Töchterchen, so sehr er sichs auch wünschte; endlich gab ihm seine Frau wieder gute Hoffnung zu einem Kinde, und wies zur Welt kam, war es auch ein Mädchen. Die Freude war groß, aber das Kind war schmächtig und klein, und sollte wegen seiner Schwachheit die Nottaufe haben. Der Vater schickte einen der Knaben eilends zur Quelle, Taufwasser zu holen: die andern sechs liefen mit, und weil jeder der erste beim Schöpfen sein wollte, so fiel ihnen der Krug in den Brunnen. Da standen sie und wußten nicht, was sie tun sollten, und keiner getraute sich heim. Als sie immer nicht zurückkamen, ward der Vater ungeduldig und sprach: „Gewiß haben sie’s wieder über ein Spiel vergessen, die gottlosen Jungen.“ Es ward ihm angst, das Mädchen müßte ungetauft verscheiden, und im Ärger rief er: „Ich wollte, daß die Jungen alle zu Raben würden.“ Kaum war das Wort ausgeredet, so hörte er ein Geschwirr über seinem Haupt in der Luft, blickte in die Höhe und sah sieben kohlschwarze Raben auf- und davonfliegen.

Die Eltern konnten die Verwünschung nicht mehr zurücknehmen, und so traurig sie über den Verlust ihrer sieben Söhne waren, trösteten sie sich doch einigermaßen durch ihr liebes Töchterchen, das bald zu Kräften kam, und mit jedem Tage schöner ward. Es wußte lange Zeit nicht einmal, daß es Geschwister gehabt hatte, denn die Eltern hüteten sich, ihrer zu erwähnen, bis es eines Tags von ungefähr die Leute von sich sprechen hörte, das Mädchen wäre wohl schön, aber doch eigentlich schuld an dem Unglück seiner sieben Brüder. Da ward es ganz betrübt, ging zu Vater und Mutter und fragte, ob es denn Brüder gehabt hätte, und wo sie hingeraten wären. Nun durften die Eltern das Geheimnis nicht länger verschweigen, sagten jedoch, es sei so des Himmels Verhängnis und seine Geburt nur der unschuldige Anlaß gewesen. Allein das Mädchen machte sich täglich ein Gewissen daraus und glaubte, es müßte seine Geschwister wieder erlösen. Es hatte nicht Ruhe und Rast, bis es sich heimlich aufmachte und in die weite Welt ging, seine Brüder irgendwo aufzuspüren und zu befreien, es möchte kosten, was es wollte. Es nahm nichts mit sich als ein Ringlein von seinen Eltern zum Andenken, einen Laib Brot für den Hunger, ein Krüglein Wasser für den Durst und ein Stühlchen für die Müdigkeit.

Nun ging es immerzu, weit weit, bis an der Welt Ende. Da kam es zur Sonne, aber die war zu heiß und fürchterlich, und fraß die kleinen Kinder. Eilig lief es weg und lief hin zu dem Mond, aber der war gar zu kalt und auch grausig und bös, und als er das Kind merkte, sprach er: „Ich rieche Menschenfleisch.“ Da machte es sich geschwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm freundlich und gut, und jeder saß auf seinem besondern Stühlchen. Der Morgenstern aber stand auf, gab ihm ein Hinkelbeinchen und sprach: „Wenn du das Beinchen nicht hast, kannst du den Glasberg nicht aufschließen, und in dem Glasberg, da sind deine Brüder.“

Das Mädchen nahm das Beinchen, wickelte es wohl in ein Tüchlein, und ging wieder fort, so lange, bis es an den Glasberg kam. Das Tor war verschlossen und es wollte das Beinchen hervorholen, aber wie es das Tüchlein aufmachte, so war es leer, und es hatte das Geschenk der guten Sterne verloren. Was sollte es nun anfangen? Seine Brüder wollte es erretten und hatte keinen SchIüssel zum Glasberg. Das gute Schwesterchen nahm ein Messer, schnitt sich ein kleines Fingerchen ab, steckte es in das Tor und schloß glücklich auf. Als es eingegangen war, kam ihm ein Zwerglein entgegen, das sprach: „Mein Kind, was suchst du?“ – „Ich suche meine Brüder, die sieben Raben,“ antwortete es. Der Zwerg sprach: „Die Herren Raben sind nicht zu Haus, aber willst du hier so lang warten, bis sie kommen, so tritt ein.“ Darauf trug das Zwerglein die Speise der Raben herein auf sieben Tellerchen und in sieben Becherchen, und von jedem Tellerchen aß das Schwesterchen ein Bröckchen, und aus jedem Becherchen trank es ein SchIückchen; in das letzte Becherchen aber ließ es das Ringlein fallen, das es mitgenommen hatte.

Auf einmal hörte es in der Luft ein Geschwirr und ein Geweh, da sprach das Zwerglein: „Jetzt kommen die Herren Raben heim geflogen.“ Da kamen sie, wollten essen und trinken, und suchten ihre Tellerchen und Becherchen. Da sprach einer nach dem andern: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen.“ Und wie der siebente auf den Grund des Bechers kam, rollte ihm das Ringlein entgegen. Da sah er es an und erkannte, daß es ein Ring von Vater und Mutter war, und sprach: „Gott gebe, unser Schwesterlein wäre da, so wären wir erlöst.“ Wie das Mädchen, das hinter der Türe stand und lauschte, den Wunsch hörte, so trat es hervor, und da bekamen alle die Raben ihre menschliche Gestalt wieder. Und sie herzten und küßten einander, und zogen fröhlich heim.

 

 

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 29

29

Des Kaisers neue Kleider – Hans Christian Andersen

Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, daß er all sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein. Er kümmerte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater und liebte es nicht, in den Wald zu fahren, außer um seine neuen Kleider zu zeigen. Er hatte einen Rock für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Der Kaiser ist in der Garderobe!“

In der großen Stadt, in der er wohnte, ging es sehr munter her. An jedem Tag kamen viele Fremde an, und eines Tages kamen auch zwei Betrüger, die gaben sich für Weber aus und sagten, daß sie das schönste Zeug, was man sich denken könne, zu weben verstanden. Die Farben und das Muster seien nicht allein ungewöhnlich schön, sondern die Kleider, die von dem Zeuge genäht würden, sollten die wunderbare Eigenschaft besitzen, daß sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm sei.
‚Das wären ja prächtige Kleider‘, dachte der Kaiser; wenn ich solche hätte, könnte ich ja dahinterkommen, welche Männer in meinem Reiche zu dem Amte, das sie haben, nicht taugen, ich könnte die Klugen von den Dummen unterscheiden! Ja, das Zeug muß sogleich für mich gewebt werden!‘ Er gab den beiden Betrügern viel Handgeld, damit sie ihre Arbeit beginnen sollten.
Sie stellten auch zwei Webstühle auf, taten, als ob sie arbeiteten, aber sie hatten nicht das geringste auf dem Stuhle. Trotzdem verlangten sie die feinste Seide und das prächtigste Gold, das steckten sie aber in ihre eigene Tasche und arbeiteten an den leeren Stühlen bis spät in die Nacht hinein.
‚Nun möchte ich doch wissen, wie weit sie mit dem Zeuge sind!‘ dachte der Kaiser, aber es war ihm beklommen zumute, wenn er daran dachte, daß keiner, der dumm sei oder schlecht zu seinem Amte tauge, es sehen könne. Er glaubte zwar, daß er für sich selbst nichts zu fürchten brauche, aber er wollte doch erst einen andern senden, um zu sehen, wie es damit stehe. Alle Menschen in der ganzen Stadt wußten, welche besondere Kraft das Zeug habe, und alle waren begierig zu sehen, wie schlecht oder dumm ihr Nachbar sei.
‚Ich will meinen alten, ehrlichen Minister zu den Webern senden‘, dachte der Kaiser, er kann am besten beurteilen, wie der Stoff sich ausnimmt, denn er hat Verstand, und keiner versieht sein Amt besser als er!‘
Nun ging der alte, gute Minister in den Saal hinein, wo die zwei Betrüger saßen und an den leeren Webstühlen arbeiteten. ‚Gott behüte uns!‘ dachte der alte Minister und riß die Augen auf. ‚Ich kann ja nichts erblicken!‘ Aber das sagte er nicht.
Beide Betrüger baten ihn näher zu treten und fragten, ob es nicht ein hübsches Muster und schöne Farben seien. Dann zeigten sie auf den leeren Stuhl, und der arme, alte Minister fuhr fort, die Augen aufzureißen, aber er konnte nichts sehen, denn es war nichts da. ‚Herr Gott‘, dachte er, sollte ich dumm sein? Das habe ich nie geglaubt, und das darf kein Mensch wissen! Sollte ich nicht zu meinem Amte taugen? Nein, es geht nicht an, daß ich erzähle, ich könne das Zeug nicht sehen!‘
„Nun, Sie sagen nichts dazu?“ fragte der eine von den Webern.
„Oh, es ist niedlich, ganz allerliebst!“ antwortete der alte Minister und sah durch seine Brille. „Dieses Muster und diese Farben! – Ja, ich werde dem Kaiser sagen, daß es mir sehr gefällt!“
„Nun, das freut uns!“ sagten beide Weber, und darauf benannten sie die Farben mit Namen und erklärten das seltsame Muster. Der alte Minister merkte gut auf, damit er dasselbe sagen könne, wenn er zum Kaiser zurückkomme, und das tat er auch.
Nun verlangten die Betrüger mehr Geld, mehr Seide und mehr Gold zum Weben. Sie steckten alles in ihre eigenen Taschen, auf den Webstuhl kam kein Faden, aber sie fuhren fort, wie bisher an den leeren Stühlen zu arbeiten.
Der Kaiser sandte bald wieder einen anderen tüchtigen Staatsmann hin, um zu sehen, wie es mit dem Weben stehe und ob das Zeug bald fertig sei; es ging ihm aber gerade wie dem ersten, er guckte und guckte; weil aber außer dem Webstuhl nichts da war, so konnte er nichts sehen.
„Ist das nicht ein ganz besonders prächtiges und hübsches Stück Zeug?“ fragten die beiden Betrüger und zeigten und erklärten das prächtige Muster, das gar nicht da war.
‚Dumm bin ich nicht‘, dachte der Mann; es ist also mein gutes Amt, zu dem ich nicht tauge! Das wäre seltsam genug, aber das muß man sich nicht merken lassen!‘ Daher lobte er das Zeug, das er nicht sah, und versicherte ihnen seine Freude über die schönen Farben und das herrliche Muster. „Ja, es ist ganz allerliebst!“ sagte er zum Kaiser.
Alle Menschen in der Stadt sprachen von dem prächtigen Zeuge. Nun wollte der Kaiser es selbst sehen, während es noch auf dem Webstuhl sei. Mit einer ganzen Schar auserwählter Männer, unter denen auch die beiden ehrlichen Staatsmänner waren, die schon früher dagewesen, ging er zu den beiden listigen Betrügern hin, die nun aus allen Kräften webten, aber ohne Faser oder Faden.
„Ja, ist das nicht prächtig?“ sagten die beiden ehrlichen Staatsmänner. „Wollen Eure Majestät sehen, welches Muster, welche Farben?“ und dann zeigten sie auf den leeren Webstuhl, denn sie glaubten, daß die andern das Zeug wohl sehen könnten.
‚Was!‘ dachte der Kaiser; ich sehe gar nichts! Das ist ja erschrecklich! Bin ich dumm? Tauge ich nicht dazu, Kaiser zu sein? Das wäre das Schrecklichste, was mir begegnen könnte.‘ „Oh, es ist sehr hübsch,“ sagte er; „es hat meinen allerhöchsten Beifall!“ und er nickte zufrieden und betrachtete den leeren Webstuhl; er wollte nicht sagen, daß er nichts sehen könne. Das ganze Gefolge, was er mit sich hatte, sah und sah, aber es bekam nicht mehr heraus als alle die andern, aber sie sagten gleich wie der Kaiser: „Oh, das ist hübsch!“ und sie rieten ihm, diese neuen prächtigen Kleider das erste Mal bei dem großen Feste, das bevorstand, zu tragen.
„Es ist herrlich, niedlich, ausgezeichnet!“ ging es von Mund zu Mund, und man schien allerseits innig erfreut darüber. Der Kaiser verlieh jedem der Betrüger ein Ritterkreuz, um es in das Knopfloch zu hängen, und den Titel Hofweber.
Die ganze Nacht vor dem Morgen, an dem das Fest stattfinden sollte, waren die Betrüger auf und hatten sechzehn Lichte angezündet, damit man sie auch recht gut bei ihrer Arbeit beobachten konnte. Die Leute konnten sehen, daß sie stark beschäftigt waren, des Kaisers neue Kleider fertigzumachen. Sie taten, als ob sie das Zeug aus dem Webstuhl nähmen, sie schnitten in die Luft mit großen Scheren, sie nähten mit Nähnadeln ohne Faden und sagten zuletzt: „Sieh, nun sind die Kleider fertig!“
Der Kaiser mit seinen vornehmsten Beamten kam selbst, und beide Betrüger hoben den einen Arm in die Höhe, gerade, als ob sie etwas hielten, und sagten: „Seht, hier sind die Beinkleider, hier ist das Kleid, hier ist der Mantel!“ und so weiter. „Es ist so leicht wie Spinnwebe; man sollte glauben, man habe nichts auf dem Körper, aber das ist gerade die Schönheit dabei!“
„Ja!“ sagten alle Beamten, aber sie konnten nichts sehen, denn es war nichts da.
„Belieben Eure Kaiserliche Majestät Ihre Kleider abzulegen,“ sagten die Betrüger, „so wollen wir Ihnen die neuen hier vor dem großen Spiegel anziehen!“
Der Kaiser legte seine Kleider ab, und die Betrüger stellten sich, als ob sie ihm ein jedes Stück der neuen Kleider anzogen, die fertig genäht sein sollten, und der Kaiser wendete und drehte sich vor dem Spiegel.
„Ei, wie gut sie kleiden, wie herrlich sie sitzen!“ sagten alle. „Welches Muster, welche Farben! Das ist ein kostbarer Anzug!“ –
„Draußen stehen sie mit dem Thronhimmel, der über Eurer Majestät getragen werden soll!“ meldete der Oberzeremonienmeister.
„Seht, ich bin ja fertig!“ sagte der Kaiser. „Sitzt es nicht gut?“ und dann wendete er sich nochmals zu dem Spiegel; denn es sollte scheinen, als ob er seine Kleider recht betrachte.
Die Kammerherren, die das Recht hatten, die Schleppe zu tragen, griffen mit den Händen gegen den Fußboden, als ob sie die Schleppe aufhöben, sie gingen und taten, als hielten sie etwas in der Luft; sie wagten es nicht, es sich merken zu lassen, daß sie nichts sehen konnten.
So ging der Kaiser unter dem prächtigen Thronhimmel, und alle Menschen auf der Straße und in den Fenstern sprachen: „Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich! Welche Schleppe er am Kleide hat! Wie schön sie sitzt!“ Keiner wollte es sich merken lassen, daß er nichts sah; denn dann hätte er ja nicht zu seinem Amte getaugt oder wäre sehr dumm gewesen. Keine Kleider des Kaisers hatten solches Glück gemacht wie diese.
„Aber er hat ja gar nichts an!“ sagte endlich ein kleines Kind. „Hört die Stimme der Unschuld!“ sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.
„Aber er hat ja gar nichts an!“ rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: ‚Nun muß ich aushalten.‘ Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.

 

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 28

28

Der Teufel mit den drei goldenen Haaren – Gebrüder Grimm

Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Söhnlein, und weil es eine Glückshaut umhatte, als es zur Welt kam, so ward ihm geweissagt, es werde im vierzehnten Jahr die Tochter des Königs zur Frau haben.

Es trug sich zu, dass der König bald darauf ins Dorf kam, und niemand wusste, dass es der König war, und als er die Leute fragte, was es Neues gäbe, so antworteten sie: „Es ist in diesen Tagen ein Kind mit einer Glückshaut geboren: was so einer unternimmt, das schlägt ihm zum Glück aus. Es ist ihm auch vorausgesagt, in seinem vierzehnten Jahre solle er die Tochter des Königs zur Frau haben.“

Der König, der ein böses Herz hatte und über die Weissagung sich ärgerte, ging zu den Eltern, tat ganz freundlich und sagte: „Ihr armen Leute, überlasst mir euer Kind, ich will es versorgen.“ Anfangs weigerten sie sich, da aber der fremde Mann schweres Gold dafür bot und sie dachten: „Es ist ein Glückskind, es muss doch zu seinem Besten ausschlagen,“ so willigten sie endlich ein und gaben ihm das Kind.

Der König legte es in eine Schachtel und ritt damit weiter, bis er zu einem tiefen Wasser kam; da warf er die Schachtel hinein und dachte: „Von dem unerwarteten Freier habe ich meine Tochter geholfen.“

Die Schachtel aber ging nicht unter, sondern schwamm wie ein Schiffchen, und es drang auch kein Tröpfchen Wasser hinein. So schwamm sie bis zwei Meilen von des Königs Hauptstadt, wo eine Mühle war, an dessen Wehr sie hängen blieb. Ein Mahlbursche, der glücklicherweise da stand und sie bemerkte, zog sie mit einem Haken heran und meinte grosse Schätze zu finden, als er sie aber aufmachte, lag ein schöner Knabe darin, der ganz frisch und munter war. Er brachte ihn zu den Müllersleuten, und weil diese keine Kinder hatten, freuten sie sich und sprachen: „Gott hat es uns beschert.“ Sie pflegten den Findling wohl, und er wuchs in allen Tugenden heran.

Es trug sich zu, dass der König einmal bei einem Gewitter in die Mühle trat und die Müllersleute fragte, ob der grosse Junge ihr Sohn wäre. „Nein,“ antworteten sie, „es ist ein Findling, er ist vor vierzehn Jahren in einer Schachtel ans Wehr geschwommen, und der Mahlbursche hat ihn aus dem Wasser gezogen.“ Da merkte der König, dass es niemand anders als das Glückskind war, das er ins Wasser geworfen hatte, und sprach: „Ihr guten Leute, könnte der Junge nicht einen Brief an die Frau Königin bringen, ich will ihm zwei Goldstücke zum Lohn geben?“ – „Wie der Herr König gebietet,“ antworteten die Leute, und hiessen den Jungen sich bereit halten. Da schrieb der König einen Brief an die Königin, worin stand: „Sobald der Knabe mit diesem Schreiben angelangt ist, soll er getötet und begraben werden, und das alles soll geschehen sein, ehe ich zurückkomme.“

Der Knabe machte sich mit diesem Briefe auf den Weg, verirrte sich aber und kam abends in einen grossen Wald. In der Dunkelheit sah er ein kleines Licht, ging darauf zu und gelangte zu einem Häuschen. Als er hineintrat, sass eine alte Frau beim Feuer ganz allein. Sie erschrak, als sie den Knaben erblickte, und sprach: „Wo kommst du her und wo willst du hin?“ – „Ich komme von der Mühle,“ antwortete er, „und will zur Frau Königin, der ich einen Brief bringen soll; weil ich mich aber in dem Walde verirrt habe, so wollte ich hier gerne übernachten.“ – „Du armer Junge,“ sprach die Frau, „du bist in ein Räuberhaus geraten, und wenn sie heim kommen, so bringen sie dich um.“ – „Mag kommen, wer will,“ sagte der Junge, „ich fürchte mich nicht; ich bin aber so müde, dass ich nicht weiter kann,“ streckte sich auf eine Bank und schlief ein.

Bald hernach kamen die Räuber und fragten zornig, was da für ein fremder Knabe läge. „Ach,“ sagte die Alte, „es ist ein unschuldiges Kind, es hat sich im Walde verirrt, und ich habe ihn aus Barmherzigkeit aufgenommen: er soll einen Brief an die Frau Königin bringen.“ Die Räuber erbrachen den Brief und lasen ihn, und es stand darin, dass der Knabe sogleich, wie er ankäme, sollte ums Leben gebracht werden. Da empfanden die hartherzigen Räuber Mitleid, und der Anführer zerriss den Brief und schrieb einen andern, und es stand darin, sowie der Knabe ankäme, sollte er sogleich mit der Königstochter vermählt werden. Sie liessen ihn dann ruhig bis zum andern Morgen auf der Bank liegen, und als er aufgewacht war, gaben sie ihm den Brief und zeigten ihm den rechten Weg.

Die Königin aber, als sie den Brief empfangen und gelesen hatte, tat, wie darin stand, hiess ein prächtiges Hochzeitsfest anstellen, und die Königstochter ward mit dem Glückskind vermählt; und da der Jüngling schön und freundlich war, so lebte sie vergnügt und zufrieden mit ihm.

Nach einiger Zeit kam der König wieder in sein Schloss und sah, dass die Weissagung erfüllt und das Glückskind mit seiner Tochter vermählt war. „Wie ist das zugegangen?“ sprach er, „ich habe in meinem Brief einen ganz andere Befehl erteilt.“ Da reichte ihm die Königin den Brief und sagte, er möchte selbst sehen, was darin stände. Der König las den Brief und merkte wohl, dass er mit einem andern war vertauscht worden. Er fragte den Jüngling, wie es mit dem anvertrauten Briefe zugegangen wäre, warum er einen andern dafür gebracht hätte. „Ich weiss von nichts,“ antwortete er, „er muss mir in der Nacht vertauscht sein, als ich im Walde geschlafen habe.“

Voll Zorn sprach der König: „So leicht soll es dir nicht werden, wer meine Tochter haben will, der muss mir aus der Hölle drei goldene Haare von dem Haupt des Teufels holen; bringst du mir, was ich verlange, so sollst du meine Tochter behalten. “ Damit hoffte der König ihn auf immer los zu werden. Das Glückskind aber antwortete: „Die goldenen Haare will ich wohl holen, ich fürchte mich vor dem Teufel nicht.“

Darauf nahm er Abschied und begann seine Wanderschaft. Der Weg führte ihn zu einer grossen Stadt, wo ihn der Wächter an dem Tore ausfragte, was für ein Gewerbe er verstände und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete das Glückskind. „So kannst du uns einen Gefallen tun,“ sagte der Wächter, „wenn du uns sagst, warum unser Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, und nicht einmal mehr Wasser gibt.“ – „Das sollt ihr erfahren,“ antwortete er, „wartet nur, bis ich wiederkommen. Da ging er weiter und kam vor eine andere Stadt, da fragte der Torwächter wiederum, was für ein Gewerb er verstünde und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete er. „So kannst du uns einen Gefallen tun und uns sagen, warum ein Baum in unserer Stadt, der sonst goldene Äpfel trug, jetzt nicht einmal Blätter hervortreibt.“ – „Das sollt ihr erfahren,“ antwortete er, „wartet nur, bis ich wiederkommen. Da ging er weiter, und kam an ein grosses Wasser, über das er hinüber musste. Der Fährmann fragte ihn, was er für ein Gewerbe verstände und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete er. „So kannst du mir einen Gefallen tun,“ sprach der Fährmann, „und nur sagen, warum ich immer hin- und herfahren muss und niemals abgelöst werde.“ – „Das sollst du erfahren,“ antwortete er, „warte nur, bis ich wiederkomme.

Als er über das Wasser hinüber war, so fand er den Eingang zur Hölle. Es war schwarz und russig darin, und der Teufel war nicht zu Haus, aber seine Ellermutter sass da in einem breiten Sorgenstuhl. „Was willst du?“ sprach sie zu ihm, sah aber gar nicht so böse aus. „Ich wollte gerne drei goldene Haare von des Teufels Kopf,“ antwortete er, „sonst kann ich meine Frau nicht behalten.“ – „Das ist viel verlangt,“ sagte sie, „wenn der Teufel heim kommt und findet dich, so geht dir’s an den Kragen; aber du dauerst mich, ich will sehen, ob ich dir helfen kann.“ Sie verwandelte ihn in eine Ameise und sprach: „Kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.“ – „Ja,“ antwortete er, „das ist schon gut, aber drei Dinge möchte ich gerne noch wissen, warum ein Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, jetzt nicht einmal mehr Wasser gibt: warum ein Baum, der sonst goldene Äpfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt: und warum ein Fährmann immer herüber- und hinüberfahren muss und nicht abgelöst wird.“ – „Das sind schwere Fragen,“ antwortete sie, „aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht, was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldenen Haare ausziehe.“

Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er, dass die Luft nicht rein war. „Ich rieche, rieche Menschenfleisch,“ sagte er, „es ist hier nicht richtig.“ Dann guckte er in alle Ecken und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus: „Eben ist erst gekehrt,“ sprach sie, „und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du mir’s wieder untereinander; immer hast , du Menschenfleisch in der Nase! Setze dich nieder und iss dein Abendbrot.“ Als er gegessen und getrunken hatte, war er milde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schoss und sagte, sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da fasste die Alte ein goldenes Haar, riss es aus und legte es neben sich. „Autsch!“ schrie der Teufel, „was hast du vor?“

„Ich habe einen schweren Traum gehabt,“ antwortete die Ellermutter, „da hab ich dir in die Haare gefasst.“ – „Was hat dir denn geträumt?“ fragte der Teufel. „Mir hat geträumt, ein Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, sei versiegt, und es habe nicht einmal Wasser daraus quellen wollen, was ist wohl schuld daran?“ – „He, wenn sie’s wüssten!“ antwortete der Teufel, „es sitzt eine Kröte unter einem Stein im Brunnen, wenn sie die töten, so wird der Wein schon wieder fliessen.“

Die Ellermutter lauste ihn wieder, bis er einschlief und schnarchte, dass die Fenster zitterten. Da riss sie ihm das zweite Haar aus. „Hu! was machst du?“ schrie der Teufel zornig. „Nimm’s nicht übel,“ antwortete sie, „ich habe es im Traum getan.“ – „Was hat dir wieder geträumt?“ fragte er. „Mir hat geträumt, in einem Königreiche ständ ein Obstbaum, der hätte sonst goldene Äpfel getragen und wollte jetzt nicht einmal Laub treiben. Was war wohl die Ursache davon?“

„He, wenn sie’s wüssten!“ antwortete der Teufel, „an der Wurzel nagt eine Maus, wenn sie die töten, so wird er schon wieder goldene Äpfel tragen, nagt sie aber noch länger, so verdorrt der Baum gänzlich. Aber lass mich mit deinen Träumen in Ruhe, wenn du mich noch einmal im Schlafe störst, so kriegst du eine Ohrfeige.“ Die Ellermutter sprach ihn zu gut und lauste ihn wieder, bis er eingeschlafen war und schnarchte. Da fasste sie das dritte goldene Haar und riss es ihm aus. Der Teufel fuhr in die Höhe, schrie und wollte übel mit ihr wirtschaften, aber sie besänftigte ihn nochmals und sprach: „Wer kann für böse Träume!“

„Was hat dir denn geträumt?“ fragte er, und war doch neugierig. „Mir hat von einem Fährmann geträumt, der sich beklagte, dass er immer hin- und herfahren musste, und nicht abgelöst würde. Was ist wohl schuld?“ – „He, der Dummbart! “ antwortete der Teufel, „wenn einer kommt und will überfahren, so muss er ihm die Stange in die Hand geben, dann muss der andere überfahren, und er ist frei.“ Da die Ellermutter ihm die drei goldenen Haare ausgerissen hatte und die drei Fragen beantwortet waren, so liess sie den alten Drachen in Ruhe, und er schlief, bis der Tag anbrach. Als der Teufel wieder fortgezogen war, holte die Alte die Ameise aus der Rockfalte, und gab dem Glückskind die menschliche Gestalt zurück.

„Da hast du die drei goldenen Haare,“ sprach sie, „was der Teufel zu deinen drei Fragen gesagt hat, wirst du wohl gehört haben.“ – „Ja,“ antwortete er, „ich habe es gehört und will’s wohl behalten.“ – „So ist dir geholfen,“ sagte sie „und nun kannst du deiner Wege ziehen.“ Er bedankte sich bei der Alten für die Hilfe in der Not, verliess die Hölle und war vergnügt, dass ihm alles so wohl geglückt war. Als er zu dem ‚Fährmann kam, sollte er ihm die versprochene Antwort geben. „Fahr mich erst hinüber,“ sprach das Glückskind, „so will ich dir sagen, wie du erlöst wirst,“ und als er auf dem jenseitigen Ufer angelangt war, gab er ihm des Teufels Rat „wenn wieder einer kommt und will übergefahren sein, so gib ihm nur die Stange in die Hand.“

Er ging weiter und kam zu der Stadt, worin der unfruchtbare Baum stand, und wo der Wächter auch Antwort haben wollte. Da sagte er ihm, wie er vom Teufel gehört hatte, „tötet die Maus, die an seiner Wurzel nagt, so wird er wieder goldene Äpfel tragen.“ Da dankte ihm der Wächter und gab ihm zur Belohnung zwei mit Gold beladene Esel, die mussten ihm nachfolgen. Zuletzt kam er zu der Stadt, deren Brunnen versiegt war. Da sprach er zu dem Wächter, wie der Teufel gesprochen hatte: „Es sitzt eine Kröte im Brunnen unter einem Stein, die müsst ihr aufsuchen und töten, so wird er wieder reichlich Wein geben.“ Der Wächter dankte und gab ihm ebenfalls zwei mit Gold beladene Esel.

Endlich langte das Glückskind daheim bei seiner Frau an, die sich herzlich freute, als sie ihn wiedersah und hörte, wie wohl ihm alles gelungen war. Dem König brachte er, was er verlangt hatte, die drei goldenen Haare des Teufels, und als dieser die vier Esel mit dem Golde sah, ward er ganz vergnügt und sprach: „Nun sind alle Bedingungen erfüllt und du kannst meine Tochter behalten. Aber, lieber Schwiegersohn, sage mir doch, woher ist das viele Gold? Das sind ja gewaltige Schätze!“ – „Ich bin über einen Fluss gefahren,“ antwortete er, „und da habe ich es mitgenommen, es liegt dort statt des Sandes am Ufer.“ – „Kann ich mir auch davon holen?“ sprach der König und war ganz begierig.“ So viel Ihr nur wollt,“ antwortete er, „es ist ein Fährmann auf dem Fluss, von dem lasst Euch überfahren, so könnt Ihr drüben Eure Säcke füllen.“

Der habsüchtige König machte sich in aller Eile auf den Weg, und als er zu dem Fluss kam, so winkte er dem Fährmann, der sollte ihn übersetzen. Der Fährmann kam und hiess ihn einsteigen, und als sie an das jenseitige Ufer kamen, gab er ihm die Ruderstange in die Hand und sprang davon. Der König aber musste von nun an fahren zur Strafe für seine Sünden. „Fährt er wohl noch?“ – „Was denn? es wird ihm niemand die Stange abgenommen haben.“

Adventskalender 2015 ~ Türchen 27

27

Der süße Brei – Ein Märchen der Brüder Grimm
Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen: „Töpfchen, koche,“ so kochte es guten, süßen Hirsebrei, und wenn es sagte: „Töpfchen, steh,“ so hörte es wieder auf zu kochen.

Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, sooft sie wollten.

Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter: „Töpfchen, koche,“ da kocht es, und sie ißt sich satt; nun will sie, daß das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt’s die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: „Töpfchen, steh,“ da steht es und hört auf zu kochen, und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen.

Adventskalender 2015 ~ Türchen 26

rot26

Merry Christmas

Euer Schneewittchen

Adventskalender 2015 ~ Türchen 25

rot25

Merry Christmas ❤

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 23

rot23

Ein wunderschöner Song, nicht wahr?! ❤

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 22

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Der Grabhügel – Gebrüder Grimm

Ein reicher Bauer stand eines Tags in seinem Hof und schaute nach seinen Feldern und Gärten: das Korn wuchs kräftig heran und die Obstbäume hingen voll Früchte. Das Getreide des vorigen Jahrs lag noch in so mächtigen Haufen auf dem Boden, daß es kaum die Balken tragen konnten. Dann ging er in den Stall, da standen die gemästeten Ochsen, die fetten Kühe und die spiegelglatten Pferde. Endlich ging er in seine Stube zurück und warf seine Blicke auf die eisernen Kasten, in welchen sein Geld lag. Als er so stand, und seinen Reichthum übersah, klopfte es auf einmal heftig bei ihm an. Es klopfte aber nicht an die Türe seiner Stube, sondern an die Türe seines Herzens. Sie tat sich auf und er hörte eine Stimme, die zu ihm sprach ‘hast du den Deinigen damit wohl getan? hast du die Not der Armen angesehen? hast du mit den Hungrigen dein Brot geteilt? war dir genug was du besaßest oder hast du noch immer mehr verlangt?’ Das Herz zögerte nicht mit der Antwort ‘ich bin hart und unerbittlich gewesen und habe den Meinigen niemals etwas Gutes erzeigt. Ist ein Armer gekommen, so habe ich mein Auge weg gewendet. Ich habe mich um Gott nicht bekümmert, sondern nur an die Mehrung meines Reichtums gedacht. Wäre alles mein eigen gewesen, was der Himmel bedeckte, dennoch hätte ich nicht genug gehabt.’ Als er diese Antwort vernahm, erschrak er heftig: die Knie fingen an ihm zu zittern und er musste sich niedersetzen. Da klopfte es abermals an, aber es klopfte an die Türe seiner Stube. Es war sein Nachbar, ein armer Mann, der ein Häufchen Kinder hatte, die er nicht mehr sättigen konnte. ‘Ich weiß, ‘ dachte der Arme, ‘mein Nachbar ist reich, aber er ist ebenso hart: ich glaube nicht daß er mir hilft, aber meine Kinder schreien nach Brot, da will ich es wagen.’ Er sprach zu dem Reichen ‘Ihr gebt nicht leicht etwas von dem eurigen weg, aber ich stehe da wie einer, dem das Wasser bis an den Kopf geht: meine Kinder hungern, leiht mir vier Malter Korn.’ Der Reiche sah ihn lange an, da begann der erste Sonnenstrahl der Milde einen Tropfen von dem Eis der Habsucht abzuschmelzen. ‘Vier Malter will ich dir nicht leihen’, antwortete er, ’sondern achte will ich dir schenken, aber eine Bedingung musst du erfüllen’ ‘Was soll ich tun?’ sprach der Arme. ‘Wenn ich tot bin, sollst du drei Nächte an meinem Grabe wachen.’ Dem Bauer ward bei dem Antrag unheimlich zu Muth, doch in der Not, in der er sich befand, hätte er alles bewilligt: er sagte also zu und trug das Korn heim.

Es war, als hätte der Reiche vorausgesehen was geschehen würde, nach drei Tagen fiel er plötzlich tot zur Erde; man wusste nicht recht wie es zugegangen war, aber niemand trauerte um ihn. Als er bestattet war, fiel dem Armen sein Versprechen ein: gerne wäre er davon entbunden gewesen, aber er dachte ‘er hat sich gegen dich doch mildtätig erwiesen, du hast mit seinem Korn deine hungrigen Kinder gesättigt, und wäre das auch nicht, du hast einmal das Versprechen gegeben und musst du es halten.’ Bei einbrechender Nacht ging er auf den Kirchhof und setzte sich auf den Grabhügel. Es war alles still, nur der Mond schien über die Grabhügel und manchmal flog eine Eule vorbei und ließ ihre kläglichen Töne hören.

Als die Sonne aufging, begab sich der Arme ungefährdet heim und ebenso ging die zweite Nacht ruhig vorüber. Den Abend des dritten Tags empfand er eine besondere Angst, es war ihm als stände noch etwas bevor. Als er hinaus kam, erblickte er an der Mauer des Kirchhofs einen Mann, den er noch nie gesehen hatte. Er war nicht mehr jung, hatte Narben im Gesicht und seine Augen blickten scharf und feurig umher. Er war ganz von einem alten Mantel bedeckt und nur große Reiterstiefeln waren sichtbar. ‘Was sucht ihr hier?’ redete ihn der Bauer an, ‘gruselt euch nicht auf dem einsamen Kirchhof?’ ‘Ich suche nichts’, antwortete er, ‘aber ich fürchte auch nichts. Ich bin wie der Junge, der ausging das Gruseln zu lernen, und sich vergeblich bemühte, der aber bekam die Königstochter zur Frau und mit ihr große Reichtümer, und ich bin immer arm geblieben. Ich bin nichts als ein abgedankter Soldat und will hier die Nacht zubringen, weil ich sonst kein Obdach habe.’ ‘Wenn ihr keine Furcht habt, ‘ sprach der Bauer, ’so bleibt bei mir und helft mir dort den Grabhügel bewachen.’ ‘Wacht halten ist Sache des Soldaten’ antwortete er, ‘was uns hier begegnet, Gutes oder Böses, das wollen wir gemeinschaftlich tragen.’ Der Bauer schlug ein und sie setzten sich zusammen auf das Grab.
Alles blieb still bis Mitternacht, da ertönte auf einmal ein schneidendes Pfeifen in der Luft, und die beiden Wächter erblickten den Bösen, der leibhaftig vor ihnen stand. ‘Fort, ihr Halunken, ‘ rief er ihnen zu, ‘der in dem Grab liegt, ist mein: ich will ihn holen, und wo ihr nicht weg geht, dreh ich euch die Hälse um.’ ‘Herr mit der roten Feder’ sprach der Soldat, ‘ihr seid mein Hauptmann nicht, ich brauch euch nicht zu gehorchen, und das Fürchten hab ich noch nicht gelernt. Geht eurer Wege, wir bleiben hier sitzen.’ Der Teufel dachte ‘mit Gold fängst du die zwei Haderlumpen am besten’, zog gelindere Saiten auf und fragte ganz zutraulich ob sie nicht einen Beutel mit Gold annehmen und damit heim gehen wollten. ‘Das lässt sich hören,’ antwortete der Soldat, ‘aber mit Einem Beutel voll Gold ist uns nicht gedient: wenn ihr so viel Gold geben wollt, als da in einen von meinen Stiefeln geht, so wollen wir Euch das Feld räumen und’ abziehen.’ ‘So viel habe ich nicht bei mir, ‘ sagte der Teufel, ‘aber ich will es holen: in der benachbarten Stadt wohnt ein Wechsler, der mein guter Freund ist, der streckt mir gerne so viel vor.’ Als der Teufel verschwunden war, zog der Soldat seinen linken Stiefel aus und sprach ‘dem Kohlenbrenner wollen wir schon eine Nase drehen: gebt mir nur euer Messer, Gevatter.’ Er schnitt von dem Stiefel die Sohle ab und stellte ihn neben den Hügel in das hohe Gras an den Rand einer halb überwachsenen Grube. ‘So ist alles gut’ sprach er, ’nun kann der Schornsteinfeger kommen.

Beide setzten sich und warteten, es dauerte nicht lange, so kam der Teufel und hatte ein Säckchen Gold in der Hand. ‘Schüttet es nur hinein, ‘ sprach der Soldat und hob den Stiefel ein wenig in die Höhe, ‘das wird aber nicht genug sein.’ Der Schwarze leerte das Säckchen, das Gold siel durch und der Stiefel blieb leer. ‘Dummer Teufel, ‘ rief der Soldat, ‘es schickt nicht: habe ich es nicht gleich gesagt? kehrt nur wieder um und holt mehr.’ Der Teufel schüttelte den Kopf, ging und kam nach einer Stunde mit einem viel größeren Sack unter dem Arm. ‘Nur eingefüllt’, rief der Soldat, ‘aber ich zweifle, daß der Stiefel voll wird.’ Das Gold klingelte als es hinab fiel, und der Stiefel blieb leer. Der Teufel blickte mit seinen glühenden Augen selbst hinein und überzeugte sich von der Wahrheit. ‘Ihr habt unverschämt starke Waden’ rief er und verzog den Mund. ‘Meint ihr’, erwiderte der Soldat, ‘ich hätte einen Pferdefuß wie ihr? seit wann seid ihr so knauserig? macht daß ihr mehr Gold herbeischafft, sonst wird aus unserm Handel nichts.’ Der Unhold trollte sich abermals fort. Diesmal blieb er länger aus, und als er endlich erschien, keuchte er unter der Last eines Sackes, der auf seiner Schulter lag. Er schüttete ihn in den Stiefel, der sich aber so wenig füllte als vorher. Er ward wütend und wollte dem Soldat den Stiefel aus der Hand reißen, aber in dem Augenblick drang der erste Strahl der aufgehenden Sonne am Himmel herauf und der böse Geist entfloh mit lautem Geschrei. Die arme Seele war gerettet.
Der Bauer wollte das Gold teilen, aber der Soldat sprach ‘gib den Armen was mir zufällt: ich ziehe zu dir in deine Hütte und wir wollen mit dem übrigen in Ruhe und Frieden zusammen leben, solange es Gott gefällt.

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 21

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Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 20

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Das Wasser des Lebens – Gebrüder Grimm

Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte, daß er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schloßgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte: »Ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens; wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.« Der Älteste sagte: »Ich will es schon finden«, ging zum kranken König und bat ihn, er möchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, denn das könnte ihn allein heilen. »Nein«, sprach der König, »die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.« Er bat aber so lange, bis der König einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen: »Bringe ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste und erbe das Reich.«

Also machte er sich auf; und als er eine Zeitlang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an und sprach: »Wo hinaus so geschwind?« »Dummer Knirps«, sagte der Prinz ganz stolz, »das brauchst du nicht zu wissen«, und ritt weiter. Das kleine Männchen aber war zornig geworden und hatte einen bösen Wunsch getan. Der Prinz geriet bald hernach in eine Bergschlucht, und je weiter er ritt, desto enger taten sich die Berge zusammen, und endlich ward der Weg so eng, daß er keinen Schritt weiter konnte; es war nicht möglich, das Pferd zu wenden oder aus dem Sattel zu steigen, und er saß da wie eingesperrt. Der kranke König wartete lange Zeit auf ihn, aber er kam nicht. Da sagte der zweite Sohn: »Vater, laßt mich ausziehen und das Wasser suchen!« und dachte bei sich: »Ist mein Bruder tot, so fällt das Reich mir zu.« Der König wollte ihn anfangs auch nicht ziehen lassen, endlich gab er nach.

Der Prinz zog also auf demselben Weg fort, den sein Bruder eingeschlagen hatte, und begegnete auch dem Zwerg, der ihn anhielt und fragte, wohin er so eilig wollte. »Kleiner Knirps«, sagte der Prinz, »das brauchst du nicht zu wissen«, und ritt fort, ohne sich weiter umzusehen. Aber der Zwerg verwünschte ihn, und er geriet wie der andere in eine Bergschlucht und konnte nicht vorwärts und rückwärts. So geht’s aber den Hochmütigen.

Als auch der zweite Sohn ausblieb, so erbot sich der jüngste auszuziehen und das Wasser zu holen, und der König mußte ihn endlich ziehen lassen. Als er dem Zwerg begegnete und dieser fragte, wohin er so eilig wolle, so hielt er an, gab ihm Rede und Antwort und sagte: »Ich suche das Wasser des Lebens, denn mein Vater ist sterbenskrank.« »Weißt du auch, wo das zu finden ist?« »Nein,« sagte der Prinz. »Weil du dich betragen hast, wie sich’s geziemt, nicht übermütig wie deine falschen Brüder, so will ich dir Auskunft geben und dir sagen, wie du zu dem Wasser des Lebens gelangst. Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses; aber du dringst nicht hinein, wenn ich dir nicht eine eiserne Rute gebe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Rute schlag dreimal an das eiserne Tor des Schlosses, so wird es aufspringen. Inwendig liegen zwei Löwen, die den Rachen aufsperren; wenn du aber jedem ein Brot hineinwirfst, so werden sie still, und dann eile dich und hol von dem Wasser des Lebens, bevor es zwölf schlägt, sonst schlägt das Tor wieder zu, und du bist eingesperrt.« Der Prinz dankte ihm, nahm die Rute und das Brot und machte sich auf den Weg. Und als er anlangte, war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Tor sprang beim dritten Rutenschlag auf, und als er die Löwen mit dem Brot besänftigt hatte, trat er in das Schloß und kam in einen großen, schönen Saal. Darin saßen verwünschte Prinzen, denen zog er die Ringe vom Finger; dann lag da ein Schwert und ein Brot, das nahm er weg. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin stand eine schöne Jungfrau; die freute sich, als sie ihn sah, küßte ihn und sagte, er hätte sie erlöst und sollte ihr ganzes Reich haben, und wenn er in einem Jahre wieder käme, so sollte ihre Hochzeit gefeiert werden. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen wäre mit dem Lebenswasser; er müßte sich aber eilen und daraus schöpfen, eh es zwölf schlüge. Da ging er weiter und kam endlich in ein Zimmer, wo ein schönes, frischgedecktes Bett stand, und weil er müde war, wollte er erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich und schlief ein; als er erwachte, schlug es drei Viertel auf zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem Brunnen und schöpfte daraus mit einem Becher, der daneben stand, und eilte, daß er fortkam. Wie er eben zum eisernen Tor hinausging, da schlug’s zwölf, und das Tor schlug so heftig zu, daß es ihm noch ein Stück von der Ferse wegnahm.

Er aber war froh, daß er das Wasser des Lebens erlangt hatte, ging heimwärts und kam wieder an dem Zwerg vorbei. Als dieser das Schwert und das Brot sah, sprach er: »Damit hast du großes Gut gewonnen; mit dem Schwert kannst du ganze Heere schlagen, das Brot aber wird niemals all.« Der Prinz wollte ohne seine Brüder nicht zu dem Vater nach Haus kommen und sprach: »Lieber Zwerg, kannst du mir nicht sagen, wo meine zwei Brüder sind? Sie sind früher als ich nach dem Wasser des Lebens ausgezogen und sind nicht wiedergekommen.« »Zwischen zwei Bergen stecken sie eingeschlossen«, sprach der Zwerg, »dahin habe ich sie verwünscht, weil sie so übermütig waren.« Da bat der Prinz so lange, bis der Zwerg sie wieder los ließ; aber er warnte ihn und sprach: »Hüte dich vor ihnen, sie haben ein böses Herz!«

Als seine Brüder kamen, freute er sich und erzählte ihnen, wie es ihm ergangen wäre, daß er das Wasser des Lebens gefunden und einen Becher voll mitgenommen und eine schöne Prinzessin erlöst hätte; die wollte ein Jahr lang auf ihn warten, dann sollte Hochzeit gehalten werden, und er bekäme ein großes Reich. Danach ritten sie zusammen fort und gerieten in ein Land, wo Hunger und Krieg war, und der König glaubte schon, er müßte verderben, so groß war die Not. Da ging der Prinz zu ihm und gab ihm das Brot, womit er sein ganzes Reich speiste und sättigte; und dann gab ihm der Prinz auch das Schwert, damit schlug er die Heere seiner Feinde und konnte nun in Ruhe und Frieden leben. Da nahm der Prinz sein Brot und Schwert wieder zurück, und die drei Brüder ritten weiter. Sie kamen aber noch in zwei Länder, wo Hunger und Krieg herrschten, und da gab der Prinz den Königen jedesmal sein Brot und Schwert und hatte nun drei Reiche gerettet. Und danach setzten sie sich auf ein Schiff und fuhren übers Meer. Während der Fahrt sprachen die beiden Ältesten unter sich: »Der Jüngste hat das Wasser des Lebens gefunden und wir nicht, dafür wird ihm unser Vater das Reich geben, das uns gebührt, und er wird unser Glück wegnehmen.« Da wurden sie rachsüchtig und verabredeten miteinander, daß sie ihn verderben wollten. Sie warteten, bis er einmal fest eingeschlafen war; da gossen sie das Wasser des Lebens aus dem Becher und nahmen es für sich, ihm aber gossen sie bitteres Meerwasser hinein.

Als sie nun daheim ankamen, brachte der Jüngste dem kranken König seinen Becher, damit er daraus trinken und gesund werden sollte. Kaum aber hatte er ein wenig von dem bittern Meerwasser getrunken, so ward er noch kränker als zuvor. Und wie er darüber jammerte, kamen die beiden ältesten Söhne und klagten den jüngsten an, er hätte ihn vergiften wollen, sie brächten ihm das rechte Wasser des Lebens und reichten es ihm. Kaum hatte er davon getrunken, so fühlte er seine Krankheit verschwinden und ward stark und gesund wie in seinen jungen Tagen. Danach gingen die beiden zu dem Jüngsten, verspotteten ihn und sagten: »Du hast zwar das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen; wir haben dir’s genommen, während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr, da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich, daß du nichts davon verrätst! Der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren; schweigst du aber, so soll dir’s geschenkt sein.«

Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte, er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urteil über ihn sprechen, daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermutete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm: »Lieber Jäger, was fehlt dir?« Der Jäger sprach: »Ich kann’s nicht sagen und soll es doch.« Da sprach der Prinz: »Sage heraus, was es ist, ich will dir’s verzeihen.« »Ach«, sagte der Jäger, »ich soll Euch totschießen, der König hat mir’s befohlen.« Da erschrak der Prinz und sprach: »Lieber Jäger, laß mich leben! Da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes!« Der Jäger sagte: »Das will ich gerne tun, ich hätte doch nicht nach Euch schießen können.« Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger ging heim, der Prinz aber ging weiter in den Wald hinein.

Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn. Sie waren aber von den drei Königen geschickt, die mit des Prinzen Schwert die Feinde geschlagen und mit seinem Brot ihr Land ernährt hatten und die sich dankbar bezeigen wollten. Da dachte der alte König: »Sollte mein Sohn unschuldig gewesen sein?« und sprach zu seinen Leuten: »Wäre er noch am Leben, wie tut mir’s so leid, daß ich ihn habe töten lassen!« »Er lebt noch«, sprach der Jäger, »ich konnte es nicht übers Herz bringen, Euern Befehl auszuführen«, und sagte dem König, wie es zugegangen war. Da fiel dem König ein Stein von dem Herzen, und er ließ in allen Reichen verkündigen, sein Sohn dürfte wiederkommen und sollte in Gnaden aufgenommen werden.

Die Königstochter aber ließ eine Straße vor ihrem Schloß machen, die war ganz golden und glänzend, und sagte ihren Leuten, wer darauf geradeswegs zu ihr geritten käme, das wäre der rechte, und den sollten sie einlassen; wer aber daneben käme, der wäre der rechte nicht, und den sollten sie auch nicht einlassen. Als nun die Zeit bald herum war, dachte der Älteste, er wollte sich eilen, zur Königstochter gehen und sich für ihren Erlöser ausgeben, da bekäme er sie zur Gemahlin und das Reich daneben. Also ritt er fort; und als er vor das Schloß kam und die schöne, goldene Straße sah, dachte er: »Das wäre jammerschade, wenn du darauf rittest«, lenkte ab und ritt rechts nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute zu ihm, er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Bald darauf machte sich der zweite Prinz auf; und wie der zur goldenen Straße kam und das Pferd den einen Fuß darauf gesetzt hatte, dachte er: »Es wäre jammerschade, das könnte etwas abtreten«, lenkte ab und ritt links nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute, er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Als nun das Jahr ganz herum war, wollte der dritte aus dem Wald fort zu seiner Liebsten reiten und bei ihr sein Leid vergessen. Also machte er sich auf und dachte immer an sie und wäre gerne schon bei ihr gewesen und sah die goldene Straße gar nicht. Da ritt sein Pferd mitten darüber hin; und als er vor das Tor kam, ward es aufgetan, und die Königstochter empfing ihn mit Freuden und sagte, er wär ihr Erlöser und der Herr des Königreichs, und ward die Hochzeit gehalten mit großer Glückseligkeit. Und als sie vorbei war, erzählte sie ihm, daß sein Vater ihn zu sich entboten und ihm verziehen hätte. Da ritt er hin und sagte ihm alles, wie seine Brüder ihn betrogen und er doch dazu geschwiegen hätte. Der alte König wollte sie strafen, aber sie hatten sich aufs Meer gesetzt und waren fortgeschifft und kamen ihr Lebtag nicht wieder.

Adventskalender 2015 ~ Türchen 19

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Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 17

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Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 16

rot16Heute gibt es ein visuelles Märchen „Der Salzprinz“ für euch, da müsst ihr nicht lesen, nur zusehen 😉

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 15

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Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 14

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Jorinde und Joringel – Gebrüder Grimm
Es war einmal ein altes Schloß mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein, das war eine Erzzauberin. Am Tage machte sie sich zur Katze oder zur Nachteule, des Abends aber wurde sie wieder ordentlich wie ein Mensch gestaltet. Sie konnte das Wild und die Vögel herbeilocken, und dann schlachtete sie, kochte und briet es. Wenn jemand auf hundert Schritte dem Schloß nahe kam, so mußte er stillestehen und konnte sich nicht von der Stelle bewegen, bis sie ihn lossprach; wenn aber eine keusche Jungfrau in diesen Kreis kam, so verwandelte sie dieselbe in einen Vogel und sperrte sie dann in einen Korb ein und trug den Korb in eine Kammer des Schlosses. Sie hatte wohl siebentausend solcher Körbe mit so raren Vögeln im Schlosse.

Nun war einmal eine Jungfrau, die hieß Jorinde; sie war schöner als alle andere Mädchen. Die und dann ein gar schöner Jüngling namens Joringel hatten sich zusammen versprochen. Sie waren in den Brauttagen, und sie hatten ihr größtes Vergnügen eins am andern. Damit sie nun einsmalen vertraut zusammen reden könnten, gingen sie in den Wald spazieren. „Hüte dich,“ sagte Joringel, „daß du nicht so nahe ans Schloß kommst.“ Es war ein schöner Abend, die Sonne schien zwischen den Stämmen der Bäume hell ins dunkle Grün des Waldes, und die Turteltaube sang kläglich auf den alten Maibuchen.

Jorinde weinte zuweilen, setzte sich hin im Sonnenschein und klagte: Joringel klagte auch. Sie waren so bestürzt, als wenn sie hätten sterben sollen; sie sahen sich um, waren irre und wußten nicht, wohin sie nach Hause gehen sollten. Noch halb stand die Sonne über dem Berg, und halb war sie unter. Joringel sah durchs Gebüsch und sah die alte Mauer des Schlosses nah bei sich; er erschrak und wurde todbang. Jorinde sang:

„Mein Vöglein mit dem Ringlein rot
singt Leide, Leide, Leide:
es singt dem Täubelein seinen Tod,
singt Leide, Lei – zicküth, zicküth, zicküth.“

Joringel sah nach Jorinde. Jorinde war in eine Nachtigall verwandelt, die sang zicküth, zicküth. Eine Nachteule mit glühenden Augen flog dreimal um sie herum und schrie dreimal schu, hu, hu, hu. Joringel konnte sich nicht regen. Er stand da wie ein Stein, konnte nicht weinen, nicht reden, nicht Hand noch Fuß regen. Nun war die Sonne unter; die Eule flog in einen Strauch, und gleich darauf kam eine alte krumme Frau aus diesem hervor, gelb und mager: große rote Augen, krumme Nase, die mit der Spitze ans Kinn reichte. Sie murmelte, fing die Nachtigall und trug sie auf der Hand fort. Joringel konnte nichts sagen, nicht von der Stelle kommen; die Nachtigall war fort. Endlich kam das Weib wieder und sagte mit dumpfer Stimme: „Grüß dich, Zachiel, wenn’s Möndel ins Körbel scheint, bind lose Zachiel, zu guter Stund.“ Da wurde Joringel los. Er fiel vor dem Weib auf die Knie und bat, sie möchte ihm seine Jorinde wiedergeben, aber sie sagte, er sollte sie nie wiederhaben, und ging fort. Er rief, er weinte, er jammerte, aber alles umsonst. „Uu, was soll mir geschehen?“ Joringel ging fort und kam endlich in ein fremdes Dorf; da hütete er die Schafe lange Zeit. Oft ging er rund um das Schloß herum, aber nicht zu nahe dabei. Endlich träumte er einmal des Nachts, er fände eine blutrote Blume, in deren Mitte eine schöne große Perle war. Die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse: alles, was er mit der Blume berührte, ward von der Zauberei frei; auch träumte er, er hätte seine Jorinde dadurch wiederbekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Tal zu suchen, ob er eine solche Blume fände; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrote Blume am Morgen früh. In der Mitte war ein großer Tautropfe, so groß wie die schönste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe bis zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Tor. Joringel freute sich hoch, berührte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf. Er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Vögel vernähme; endlich hörte er’s. Er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin und fütterte die Vögel in den siebentausend Körben. Wie sie den Joringel sah, ward sie bös, sehr bös, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnte auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie und ging, besah die Körbe mit den Vögeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen, wie sollte er nun seine Jorinde wiederfinden? Indem er so zusah, [merkte er,] daß die Alte heimlich ein Körbchen mit einem Vogel wegnahm und damit nach der Türe ging. Flugs sprang er hinzu, berührte das Körbchen mit der Blume und auch das alte Weib – nun konnte sie nichts mehr zaubern, und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schön, wie sie ehemals war. Da machte er auch alle die andern Vögel wieder zu Jungfrauen, und da ging er mit seiner Jorinde nach Hause, und sie lebten lange vergnügt zusammen.

Euer Schneewittchen

Adventskalender 2015 ~ Türchen 13

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Ein Lied aus meinen Kindheitstagen, welches ich zu Weihnachten sehr gern hörte und sang. Kennt ihr den Künstler?

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 12

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Salz ist wertvoller als Gold / Die Salzprinzessin

(Slowakische Märchen und Sagen)

Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter, Agnes, Ludmila, und Maruschka, die er wie sein Augenlicht liebte. Er war schon alt und des Herrschens müde, und so sann er oft darüber nach, welche seiner Töchter nach seinem Tode Königin werden sollte. Die Wahl wurde ihm schwer, denn er liebte alle drei gleicher Massen. Endlich, nach reiflichem und langem Erwägen entschloß er sich, diejenige zur Herrscherin zu bestimmen, die ihn am innigsten liebte. Er berief die Prinzessinnen vor seinen Thron und sprach zu ihnen:

„Meine lieben Töchter! Ich bin alt und schwach geworden und werde nicht mehr lange unter euch weilen. Doch bevor ich sterbe, will ich eine von euch zu meiner Nachfolgerin ernennen. Vorerst aber will ich prüfen, welche mich am liebsten hat. Sage du mir, Agnes, meine Älteste, wie liebst du deinen Vater?“
„Ach, lieber Vater, ich liebe dich mehr als Gold!“ antwortete Agnes und küßte seine Hand.
„Und du, Ludmila, wie sehr liebst du mich denn?“
„Ach, mein gutes Väterchen“, rief das Mädchen und umarmte den König, „ich liebe dich wie mein Brautgeschmeide.“
„Und nun du, meine Jüngste, sage mir, wie du mich liebst?“ fragte der König und wandte sich Maruschka zu.
„Ich, Vater, liebe dich — wie Salz!“ antwortete sie nach kurzem Überlegen und sah den König allerliebst an.
„Oh, du böses Mädchen, du liebst deinen Vater nur wie Salz?! Schäme dich!“ riefen ihre beiden Schwestern empört.
„Ja, wie Salz liebe ich meinen Vater!“ wiederholte Maruschka von neuem.
Da wurde auch der alte König böse. Er konnte nicht verstehen, daß Maruschka ihre Liebe zu ihm mit einem so einfachen Dinge verglich, das jedermann, auch der Ärmste besaß und nur für wenige Groschen erwerben konnte.

„Geh, mir aus den Augen, du undankbares Mädchen!“ rief er. „Ich will dich erst dann wiedersehen, wenn den Menschen Salz wertvoller als Gold und Edelsteine erscheinen wird. Dann kehre zurück — denn dann will ich dich zur Königin machen!“
Daß jemals eine so böse Zeit kommen könnte, daran glaubten weder der alte König noch seine beiden älteren Töchter.
Ohne zu widersprechen, mit tränenüberströmtem Antlitz, verließ die stets gehorsame Maruschka das Schloß ihres Vaters. Einsam und verlassen stand sie auf der Straße und wußte nicht, wohin sie ihre Schritte wenden sollte. Schließlich beschloß sie der Richtung des Windes zu folgen. Sie wanderte über Berge und Täler, bis sie zu einem dichten Birkenwäldchen kam. Da trat ihr eine alte Frau in den Weg. Maruschka grüßte freundlich und wünschte der Alten einen guten Morgen. Die Alte sah die rotgeweinten Augen des Mädchens und sagte mitfühlend:
„Was bedrückt dich denn, mein Kind, daß du so bitterlich weinest?“
„Ach, Mütterchen!“ antwortete Maruschka, „fragt nicht nach meinem Kummer! Ihr könnt mir ja ohnehin nicht helfen!“
„Vielleicht doch!“ sagte die Alte lächelnd. „Öffne mir dein Herz und sage mir, was dich quält. Wo graue Haare sind — da ist auch Vernunft.“
Ermutigt erzählte nun Maruschka, was sich zugetragen hatte und weinend fügte sie hinzu:
„Ich will ja gar nicht Königin werden, sondern will nur allzugerne meinen Vater von meiner aufrichtigen Liebe zu ihm überzeugen!“
Die Alte ließ Maruschka zu Ende erzählen, obzwar sie von allem Anfang an wußte, was der Grund ihres Kummers war, denn sie war keine gewöhnliche alte Frau — sondern eine gute Fee.
Freundlich nahm sie das Mädchen bei der Hand und forderte es auf, in ihre Dienste einzutreten. Maruschka war überglücklich und ging mit der Alten. Die gute Fee führte sie in ihr Waldhäuschen und gab ihr zu essen und zu trinken. Als sich Maruschka gelabt hatte, fragte die alte Frau:
„Kannst du Schafe hüten? Kannst du melken? Kannst du spinnen und weben?“
„Nichts desgleichen habe ich gelernt!“ antwortete das Mädchen traurig, „doch wenn Ihr es mir zeigen wollt, will ich es versuchen und sicherlich schnell lernen!“
„Dies werde ich gerne tun und dich in allem unterweisen. Sei nur stets gut und gehorsam und tue, was ich dir sagen werde. Wenn sich die Zeit zur Zeit gesellt, wird dir Glück und Freude erwachsen!“
Maruschka versprach folgsam zu sein, und da sie fleißig und willig war, lernte sie schnell, und die Arbeit machte ihr viel Freude.
Inzwischen lebten die beiden älteren Prinzessinnen auf dem Schloße in Saus und Braus. Mit falschen Worten und vorgetäuschten Liebkosungen umgarnten sie den alten König und verlangten täglich neue und neue Geschenke. Die älteste Prinzessin stand den lieben Tag lang vor dem Spiegel, und kleidete sich in prächtige Gewänder, während ihre Schwester sich mit Gold und Edelsteine schmückte und unaufhörlich tanzte. Ein Festmahl folgte dem anderen, und die Mädchen hatten nichts anderes als nur ihr Vergnügen im Sinne.
Da gingen dem alten König die Augen auf, und er mußte erkennen, daß seinen Töchtern Gold und Tanz lieber waren als er. Er gedachte seiner Jüngsten Tochter und erinnerte sich an die aufrichtige Liebe, mit der sie ihn immer umgeben, ihn geherzt und geliebkost hatte, und er wußte nun, daß er sie allein zur Königin hätte ernennen sollen. Wie gerne hätte er sie zurückgeholt, wenn er nur ihren Aufenthaltsort gekannt hätte! Kamen ihm aber ihre Worte in den Sinn, das sie ihn nur so wie Salz liebe, wurde er wiederum ärgerlich und zweifelte an ihr. Eines Tages sollte ein Festmahl im Schloße gegeben werden. Da stürzte der Koch vor des Königs Thron und rief:
„Herr, ein großes Mißgeschick hat uns befallen! Das Salz in der Küche und auch im ganzen Lande ist zerflossen und hat sich aufgelöst. Womit soll ich denn die Speisen salzen?“
„Kannst du denn nichts anderes zum würzen verwenden?“ fragte der König ärgerlich.
„Oh, Herr, welches Gewürz könnte denn Salz ersetzen?“ rief der Koch verzweifelt.
Auf diese Frage aber, wußte der Künig keine Antwort. Er wurde büse und befahl dem Koch, das Festmahl ohne Salz zu bereiten.
„Wenn es dem Könige recht ist — mir kann es sicherlich recht sein!“ dachte der Koch und sandte ungesalzene Speisen zur Königstafel. Den Gästen wollten die Gerichte nicht munden, obzwar sie sonst schmackhaft und wohlgefällig zubereitet waren.
Der König sandte seine Boten nach allen Windrichtungen aus, um Salz zu holen, doch sie alle kehrten unverrichteter Dinge und mit leeren Händen ins Schloß zurück. Das gleiche Mißgeschick hatte auch die Nachbarländer betroffen, und wer noch einen kleinen Salzvorrat hatte, wollte sich nicht für alles Gold der Welt von ihm trennen.
Auf Befehl des Königs, bereitete nun der Koch nur süße Speisen und Gerichte zu, die keines Salzes bedurften. Doch auch diese Speisen wollten den Gästen auf die Dauer nicht schmecken, und als sie sahen, daß keine Besserung abzusehen war, verließen sie, einer nach dem anderen, das königliche Schloß. Die beiden Prinzessinnen waren untröstlich, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig als die Gäste ziehen zu lassen.
Doch nicht nur die Menschen, sondern auch das Vieh in den Ställen litt unter diesem Salzmangel. Kühe, Ziegen und Schafe gaben wenig Milch — es war ein Unglück für jedermann im Lande. Die Leute wankten müde zur Arbeit und wurden schwach und krank. Sogar den König und seine beiden Töchter verschonte die Krankheit nicht. Da erst erkannten sie, welch seltene Gabe des Himmels das Salz war und wie wenig sie diese geschätzt hatten. Die Schuld, Maruschka Unrecht getan zu haben, lastete schwer auf des Königs Gewissen.
In der Zwischenzeit lebte das Mädchen in der Hütte im Walde glücklich und zufrieden. Sie ahnte nicht, wie schlecht es ihrem Vater und ihren beiden Schwestern zu Hause erging. Die weise Frau jedoch wußte nur zu genau, was sich dort zutrug!
Eines Tages sprach sie zu Maruschka:
„Stets sagte ich dir, daß wenn die Zeit sich zur Zeit gesellt, deine Stunde kommen wird. Deine Stunde hat nun geschlagen — kehre nach Hause zurück!“
„Ach, mein gutes Mütterchen, wie könnte ich denn jemals wieder zurückkehren, wenn mich mein eigener Vater aus dem Haus gewiesen hat“, antwortete das Mädchen und fing zu weinen an.
Da erzählte ihr die gute Fee, was sich während ihrer Abwesenheit im Lande zugetragen hatte. Daß nun die Worte an ihren Vater wahr geworden und Salz wertvoller als Gold und Edelsteine sei.
Ungern verließ Maruschka die gute Fee, die sie so viele nützliche Dinge gelehrt hatte, doch ihre Sehnsucht nach dem Vater war erwacht, und sie konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen.
„Du hast mir treu gedient, Maruschka“, sprach die Alte beim Abschied, „und ich will dich gut entlohnen. Sage mir was du dir wünschest.“
„Ihr waret gut zu mir und habt mich so vieles gelehrt“, antwortete Maruschka, „ich will nichts anders von Euch, Mütterchen, als ein wenig Salz, welches ich meinem Vater bringen will.“
„Und nichts weiter wünschest Du? Ich könnte jeden deiner Wünsche erfüllen“, fragte nochmals die gute Fee.
„Nein, nichts mehr begehre ich, Mütterchen, als das Salz“, beharrte Maruschka.
„Da du das Salz so hoch schätzest, möge es dir niemals daran fehlen!“ sprach die Alte. „Nimm hier diese kleine Weidenrute, und wenn einmal der Mittagswind zu wehen beginnt, folge ihm. Gehe durch drei Täler und über drei Berge, dann halte ein und berühre den Boden mit der Weidenrute. Die Erde wird sich öffnen, und du trete getrost ein. Was du dort finden wirst behalte — es sei dein Eigen.“
Dankend nahm Maruschka die Weidenrute und verwahrte sie sorgfältig. Dann gab ihr die alte Frau ein Beutelchen, welches sie mit Salz füllte. Schweren Herzens nahm das Mädchen Abschied von dem kleinen Waldhäuschen, das ihr zur zweiten Heimat geworden war und machte sich, von dem Mütterchen begleitet, auf den Heimweg. Weinend versicherte Maruschka, daß sie wiederkommen wolle, um die alte Frau zu holen, und sie für immer mit sich auf Schloß zu nehmen.
„Bleibe nur stets gut und gehorsam“, sagte die Alte lächelnd, als sie den Rand des Birkenwäldchens erreicht hatten, „und es wird dir wohl ergehen!“
Als ihr Maruschka nochmals für ihre Güte danken wollte — war sie verschwunden.
Verwundert stand das Mädchen da, doch die Sehnsucht nach ihrem Vater ließ sie nicht lange verweilen, und sie eilte dem Schloße zu.
Sie war ärmlich gekleidet, und da sie den Kopf in ein Tuch gehüllt hatte, erkannte sie niemand. Die Diener im Schloße verweigerten ihr den Eintritt zum König, da er krank und schwach im Bette lag.
„Ach, laßt mich doch ein“, bat sie, „ich bringe ein Geschenk, welches dem König seine verlorene Kraft und Gesundheit wiedergeben wird!“
Als der König dies hörte, befahl er das Mädchen zu ihm zu bringen.
„Gebt mir ein Stück Brot!“ bat Maruschka als sie vor dem Könige stand.
„Salz kann ich Dir mit dem Brote jedoch nicht reichen lassen!“ seufzte der König, „denn wir haben im Schloß kein Stäubchen davon.“
„Das Salz habe ich!“ rief Maruschka, und sie öffnete ihren Beutel, streute ein wenig aufs Brot und reichte es dem Könige.
„Salz! Hört ihr Leute“, rief der König entzückt. „Wie soll ich dir nur für deine Gabe danken? Sage mir, was du dir wünschest!“
„Nichts wünsche ich mir sehnlicher, als daß du, mein geliebtes Väterchen, mich wiederum zu dir nimmst, und mich ebenso liebst wie das Salz hier“, antwortete Maruschka und enthüllte ihr liebliches Antlitz.
Der König war überglücklich, als er seine jüngste Tochter wiedersah. Er bat sie um Verzeihung, doch Maruschka küßte und streichelte ihren Vater nur und hatte auch schon alles Unrecht, welches ihr geschehen war, vergessen.
Schnell verbreitete sich im Schloße und auch im ganzen Lande die Kunde, daß des Königs jüngste Tochter heimgekehrt war und Salz mitgebracht hätte. Jeder, der im Schloße erschien und um Salz bat, bekam ein wenig aus dem Beutelchen, welches nie leer wurde. Der König wurde gesund, und voll Freude darüber berief er eines Tages um die Mittagsstunde seine Edelleute, um ihnen zu verkünden, daß er Maruschka zu seiner Nachfolgerin bestimmen wolle.
Maruschka wurde gerufen und unter großem Jubel des Volkes wurde sie zur Königin ernannt. Da strich ein warmer Windhauch leise über ihre Wange, und es war ihr, als höre sie die Stimme der alten Frau im Walde. Sie erkannte das Zeichen, welches ihr der Mittagswind gab und beschloß ihm zu folgen. Schnell vertraute sie sich ihrem Vater an, nahm die kleine Weidenrute zur Hand und schritt in der Richtung des Windes aus. Sie wanderte über drei Berge und durch drei Täler und blieb hierauf stehen, so wie es ihr die alte Frau geboten hatte. Mit ihrer Rute schlug sie auf den Bogen und siehe da! Die Erde öffnete sich und Maruschka trat ein.
Sie stand inmitten eines großen Saales, dessen Wände und Boden, wie aus Eis gebaut zu sein schienen. Von allen Seiten liefen winzige Männchen herbei, die alle helleuchtende Fackeln trugen.
„Sei uns willkommen, o Königin!“ riefen sie. „Wir haben deine Ankunft lange erwartet! Unsere Gebieterin befahl uns, dir dieses unterirdische Reich zu zeigen, denn es gehört dir!“
So schnatterte und plapperte es von allen Seiten, die kleinen Wesen hüpften und tanzten, ihre Fackeln schwingend um Maruschka herum. Sie kletterten auf die Wände hinauf und sprangen über die glitzernden Kristalle, die wie Edelsteine im Fackellichte blitzten.
Die kleinen Männchen führten Maruschka durch Gänge, von deren Decken silberschimmernde Eiszapfen hingen. Sie geleiteten sie in Gärten, in welchen rote Eisrosen und andere wunderbare Blumen blühten. Dann brachen sie eine der schimmernden Blüten ab und reichten sie Maruschka, — doch kein lieblicher Duft entströmte ihrem Kelche.
„Was soll denn all dies bedeuten?“ fragte das Mädchen verwundert, „niemals noch habe ich solche Pracht gesehen!“
„All dies ist Salz!“ riefen die Männchen im Chor. „Nimm davon, so viel dir beliebt — der Vorrat ist unerschöpflich!“
Maruschka dankte den kleinen Wesen von ganzem Herzen und kehrte ans Tageslicht zurück. Der Eingang zum unterirdischen Reiche aber schloß sich nicht wieder.
Als sie nach Hause zurückkehrte und ihrem Vater von ihrem wunderbaren Erlebnis erzählt hatte, erkannte dieser, mit welch unschätzbarem Reichtum seine Tochter von der alten Frau im Birkenwalde überschüttet worden war.
Maruschka sehnte sich nach der alten Frau, und sie eilte mit einem großen Gefolge zum Birkenwäldchen, um sie zu finden und für immer ins schloß zu bringen, so wie sie es ihr beim Abschied versprochen hatte. Doch so sehr sie sich auch bemühte und den Wald kreuz und quer durchsuchte — es glang ihr nicht, die Hütte zu finden, und das Mütterchen blieb verschwunden.
Da erst wurde es Maruschka klar, daß die alte Frau ihre gütige Fee gewesen war. Sie kehrte heim und lebte, von ihren Untertanen geliebt und geehrt, noch viele, lange Jahre.

 

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 11

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Dieser Song stammt aus der „Special Winter Edition“ vom Debüt-Album von Feuerherz. Ist irgendwie ein Ohrwurm, findet ihr nich auch?! 😉

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 10

rot10Diese Krippe habe ich neulich in einem Schaufenster entdeckt und musste erst einmal genauer hinsehen, denn es ist zu kurios. Und genau deshalb musste ich es fotografieren und euch präsentieren …

IMG_0480-1(Zum Vergrößern einfach auf die Bilder klicken.)

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Euer Schneewittchen

Adventskalender 2015 ~ Türchen 9

rot9Elvis ist so cool und erst seine Stimme *schmelz*. Ich glaube, hätte ich damals gelebt, ich wäre sicher einer seiner Groupies gewesen 😉

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 8

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Der gestiefelte Kater – Gebrüder Grimm

Es war einmal ein Müller, der hatte drei Söhne, seine Mühle, einen Esel und einen Kater; die Söhne mußten mahlen, der Esel Getreide holen und Mehl forttragen, die Katze dagegen die Mäuse wegfangen. Als der Müller starb, teilten sich die drei Söhne in die Erbschaft: der älteste bekam die Mühle, der zweite den Esel, der dritte den Kater; weiter blieb nichts für ihn übrig. Da war er traurig und sprach zu sich selbst: »Mir ist es doch recht schlimm ergangen, mein ältester Bruder kann mahlen, mein zweiter auf seinem Esel reiten – was kann ich mit dem Kater anfangen? Ich laß mir ein Paar Pelzhandschuhe aus seinem Fell machen, dann ist’s vorbei.«

»Hör«, fing der Kater an, der alles verstanden hatte, »du brauchst mich nicht zu töten, um ein Paar schlechte Handschuhe aus meinem Pelz zu kriegen; laß mir nur ein Paar Stiefel machen, daß ich ausgehen und mich unter den Leuten sehen lassen kann, dann soll dir bald geholfen sein.« Der Müllersohn verwunderte sich, daß der Kater so sprach, weil aber eben der Schuster vorbeiging, rief er ihn herein und ließ ihm die Stiefel anmessen. Als sie fertig waren, zog sie der Kater an, nahm einen Sack, machte dessen Boden voll Korn, band aber eine Schnur drum, womit man ihn zuziehen konnte, dann warf er ihn über den Rücken und ging auf zwei Beinen, wie ein Mensch, zur Tür hinaus.

Damals regierte ein König im Land, der aß so gerne Rebhühner: es war aber eine Not, daß keine zu kriegen waren. Der ganze Wald war voll, aber sie waren so scheu, daß kein Jäger sie erreichen konnte. Das wußte der Kater, und gedachte seine Sache besserzumachen; als er in den Wald kam, machte er seinen Sack auf, breitete das Korn auseinander, die Schnur aber legte er ins Gras und leitete sie hinter eine Hecke. Da versteckte er sich selber, schlich herum und lauerte. Die Rebhühner kamen bald gelaufen, fanden das Korn – und eins nach dem andern hüpfte in den Sack hinein. Als eine gute Anzahl drinnen war, zog der Kater den Strick zu, lief herbei und drehte ihnen den Hals um; dann warf er den Sack auf den Rücken und ging geradewegs zum Schloß des Königs. Die Wache rief. »Halt! Wohin?« – »Zum König!« antwortete der Kater kurzweg. »Bist du toll, ein Kater und zum König?« – »Laß ihn nur gehen«, sagte ein anderer, »der König hat doch oft Langeweile, vielleicht macht ihm der Kater mit seinem Brummen und Spinnen Vergnügen.« Als der Kater vor den König kam, machte er eine tiefe Verbeugung und sagte: »Mein Herr, der Graf« – dabei nannte er einen langen und vornehmen Namen – »läßt sich dem Herrn König empfehlen und schickt ihm hier Rebhühner«; wußte der sich vor Freude nicht zu fassen und befahl dem Kater, soviel Gold aus der Schatzkammer in seinen Sack zu tun, wie er nur tragen könne: »Das bringe deinem Herrn, und danke ihm vielmals für sein Geschenk.«

Der arme Müllersohn aber saß zu Haus am Fenster, stützte den Kopf auf die Hand und dachte, daß er nun sein letztes Geld für die Stiefel des Katers weggegeben habe, und der ihm wohl nichts besseres dafür bringen könne. Da trat der Kater herein, warf den Sack vom Rücken, schnürte ihn auf und schüttete das Gold vor den Müller hin: »Da hast du etwas Gold vom König, der dich grüßen läßt und sich für die Rebhühner bei dir bedankt.« Der Müller war froh über den Reichtum, ohne daß er noch recht begreifen konnte, wie es zugegangen war. Der Kater aber, während er seine Stiefel auszog, erzählte ihm alles; dann sagte er: »Du hast jetzt zwar Geld genug, aber dabei soll es nicht bleiben; morgen ziehe ich meine Stiefel wieder an, dann sollst du noch reicher werden; dem König habe ich nämlich gesagt, daß du ein Graf bist.« Am andern Tag ging der Kater, wie er gesagt hatte, wohl gestiefelt, wieder auf die Jagd, und brachte dem König einen reichen Fang. So ging es alle Tage, und der Kater brachte alle Tage Gold heim und ward so beliebt beim König, daß er im Schlosse ein- und ausgehen durfte. Einmal stand der Kater in der Küche des Schlosses beim Herd und wärmte sich, da kam der Kutscher und fluchte: »Ich wünsche, der König mit der Prinzessin wäre beim Henker! Ich wollte ins Wirtshaus gehen, einmal einen trinken und Karten spielen, da sollt ich sie spazierenfahren an den See.« Wie der Kater das hörte, schlich er nach Haus und sagte zu seinem Herrn: »Wenn du ein Graf und reich werden willst, so komm mit mir hinaus an den See und bade darin.« Der Müller wußte nicht, was er dazu sagen sollte, doch folgte er dem Kater, ging mit ihm, zog sich splitternackt aus und sprang ins Wasser. Der Kater aber nahm seine Kleider, trug sie fort und versteckte sie. Kaum war er damit fertig, da kam der König dahergefahren; der Kater fing sogleich an, erbärmlich zu lamentieren: »Ach! Allergnädigster König! Mein Herr, der hat sich hier im See zum Baden begeben, da ist ein Dieb gekommen und hat ihm die Kleider gestohlen, die am Ufer lagen; nun ist der Herr Graf im Wasser und kann nicht heraus, und wenn er sich noch länger darin aufhält, wird er sich erkälten und sterben.« Wie der König das hörte, ließ er anhalten und einer seiner Leute mußte zurückjagen und von des Königs Kleider holen. Der Herr Graf zog dann auch die prächtigen Kleider an, und weil ihm ohnehin der König wegen der Rebhühner, die er meinte, von ihm empfangen zu haben, gewogen war, so mußte er sich zu ihm in die Kutsche setzen. Die Prinzessin war auch nicht bös darüber, denn der Graf war jung und schön, und er gefiel ihr recht gut.

Der Kater aber war vorausgegangen und zu einer großen Wiese gekommen, wo über hundert Leute waren und Heu machten. »Wem ist die Wiese, ihr Leute?« fragte der Kater. »Dem großen Zauberer.« – »Hört, jetzt wird gleich der König vorbeifahren, wenn er wissen will, wem die Wiese gehört, so antwortet: dem Grafen; und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle erschlagen.« Darauf ging der Kater weiter und kam an ein Kornfeld, so groß, daß es niemand übersehen konnte; da standen mehr als zweihundert Leute und schnitten das Korn. »Wem gehört das Korn, ihr Leute?« – »Dem Zauberer.« – »Hört, jetzt wird gleich der König vorbeifahren, wenn er wissen will, wem das Korn gehört, so antwortet: dem Grafen; und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle erschlagen.« Endlich kam der Kater an einen prächtigen Wald, da standen mehr als dreihundert Leute, fällten die großen Eichen und machten Holz. »Wem ist der Wald, ihr Leute?« – »Dem Zauberer.« – »Hört, jetzt wird gleich der König vorbeifahren, wenn er wissen will, wem der Wald gehört, so antwortet: dem Grafen; und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle erschlagen.« Der Kater ging noch weiter, die Leute sahen ihm alle nach, und weil er so wunderlich aussah, und wie ein Mensch in Stiefeln daherging, fürchteten sie sich vor ihm. Er kam bald an des Zauberers Schloß, trat keck hinein und vor diesen hin. Der Zauberer sah ihn verächtlich an, dann fragte er ihn, was er wolle. Der Kater verbeugte sich tief und sagte: »Ich habe gehört, daß du dich in jedes Tier ganz nach deinem Belieben verwandeln könntest; was einen Hund, Fuchs oder auch Wolf betrifft, da will ich es wohl glauben, aber von einem Elefant, das scheint mir ganz unmöglich, und deshalb bin ich gekommen, um mich selbst zu überzeugen.« Der Zauberer sagte stolz: »Das ist für mich eine Kleinigkeit«, und war in dem Augenblick in einen Elefant verwandelt. »Das ist viel«, sagte der Kater, »aber auch in einen Löwen?« – »Das ist auch nichts«, sagte der Zauberer, dann stand er als Löwe vor dem Kater. Der Kater stellte sich erschrocken und rief: »Das ist unglaublich und unerhört, dergleichen hätt ich mir nicht im Traume in die Gedanken kommen lassen; aber noch mehr, als alles andere, wär es, wenn du dich auch in ein so kleines Tier, wie eine Maus ist, verwandeln könntest. Du kannst gewiß mehr, als irgendein Zauberer auf der Welt, aber das wird dir doch zu hoch sein.« Der Zauberer ward ganz freundlich von den süßen Worten und sagte: »O ja, liebes Kätzchen, das kann ich auch«, und sprang als eine Maus im Zimmer herum. Der Kater war hinter ihm her, fing die Maus mit einem Satz und fraß sie auf.

Der König aber war mit dem Grafen und der Prinzessin weiter spazierengefahren, und kam zu der großen Wiese. »Wem gehört das Heu?« fragte der König. »Dem Herrn Grafen«, riefen alle, wie der Kater ihnen befohlen hatte. »Ihr habt da ein schön Stück Land, Herr Graf«, sagte der König. Danach kamen sie an das große Kornfeld. »Wem gehört das Korn, ihr Leute?« – »Dem Herrn Grafen.« – »Ei! Herr Graf! Große, schöne Ländereien!« – Darauf zu dem Wald: »Wem gehört das Holz, ihr Leute?« – »Dem Herrn Grafen.« Der König verwunderte sich noch mehr und sagte: »Ihr müßt ein reicher Mann sein, Herr Graf, ich glaube nicht, daß ich einen so prächtigen Wald habe.« Endlich kamen sie an das Schloß, der Kater stand oben an der Treppe, und als der Wagen unten hielt, sprang er herab, machte die Türe auf und sagte: »Herr König, Ihr gelangt hier in das Schloß meines Herrn, des Grafen, den diese Ehre für sein Lebtag glücklich machen wird.« Der König stieg aus und verwunderte sich über das prächtige Gebäude, das fast größer und schöner war als sein Schloß; der Graf aber führte die Prinzessin die Treppe hinauf in den Saal, der ganz von Gold und Edelsteinen flimmerte.

Da ward die Prinzessin mit dem Grafen versprochen, und als der König starb, ward er König, der gestiefelte Kater aber erster Minister.

Euer Schneewittchen

Adventskalender 2015 ~ Türchen 7

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Ich mag LOONA sehr gern und vor allem diese weihnachtliche Version ihres Songs „Colours“. Wie findet ihr den Song?

Euer Schneewittchen

Adventskalender 2015 ~ Türchen 6

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Heute gibt es meinen ABSOLUTEN LIEBLINGSFILM aus meiner Kindheit für euch: „Vuk – Der kleine Fuchs“. Ich liebe diesen kleinen Fuchs heute noch und habe einen Plüsch-Fuchs, welchen ich zu meinem Schulanfang bekam, Vuk genannt. Ihn habe ich heute noch und hüte ihn wie einen Schatz.

Ein einzigartiger Animationsklassiker aus dem Jahr 1981.

Der kleine Fuchs Vuk lebt glücklich und zufrieden bei seinen Eltern, die ihn bestens behüten. Doch noch ehe Vuk groß wird, kommen seine Eltern um, und er steht als Waise da. Von Jagd und Ähnlichem keine Ahnung schließt er sich einem etwas strengeren älteren Fuchs an, der ihm von nun an zeigt, wie man in der Wildnis überlebt.

Ich wünsche euch einen wundervollen 2. Advent und einen tollen Nikolaustag mit hoffentlich schönen Gaben im Stiefel ohne Kohle drin 😉

Euer Schneewittchen

 

Adventskalender 2015 ~ Türchen 5

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Charles Perrault – Aschenputtel oder Das gläserne Pantöffelchen

Vor Zeiten war einmal ein Edelmann, der sich zum zweiten Male verheiratete, und zwar mit der stolzesten und hochmütigsten Frau von der Welt. Sie brachte zwei Töchter in die Ehe mit, die ganz ihrer würdig und ihr in allen Dingen ähnlich waren, denn der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Der Edelmann seinerseits hatte ebenfalls eine Tochter, das sanfteste, gutmütigste Geschöpf, das man sich vorstellen kann, das rechte Ebenbild der seligen Mutter, die die Güte selbst gewesen. Warum besagter Edelmann nach einer so guten Frau eine so böse geheiratet, ist unbekannt. Diese Erscheinung wiederholt sich oft in der Welt, daß man zu der Annahme geneigt ist, das Leben an der Seite einer guten Frau sei den Männern langweilig und sie hätten eine wahre Sehnsucht nach dem männerbeherrschenden Pantoffel.

Die Stiefmutter war kaum ins Haus gekommen, als sie ihre bösen Launen schon an der vorgefundenen Stieftochter ausließ, da neben dieser die schlechten Eigenschaften ihrer rechten Töchter desto greller abstachen. Die niedrigsten Verrichtungen im Hause wurden ihr aufgetragen. Sie mußte Teller, Töpfe und Schüsseln spülen, die Treppen waschen, die Zimmer der Frau und ihrer Töchter wichsen. Sie schlief im Dachstübchen auf schlechtem Strohsack, während die Schwestern in parkettierten Zimmern wohnten, welche mit den modischsten Himmelbetten ausgestattet waren und mit so großen Spiegeln, daß sie sich darin vom Wirbel bis zur Zehe betrachten konnten. Das arme Kind ertrug alles mit der größten Geduld, und dem Vater klagte es nicht, weil er es sonst gezankt hätte. So sehr stand er unter dem Pantoffel, der arme Mann. Wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war, setzte sie sich in einen Winkel oder in die Asche am Herde, und daher kam es, daß man sie im Hause Aschenputtel nannte. Bei all dem war Aschenputtel in ihren schlechten Kleidern tausendmal schöner als die Stiefschwestern in ihren Prachtgewändern.

Da begab es sich, daß der Sohn des Königs ein Fest veranstaltete und daß er alle Personen vom Stande dazu einlud. Auch unsere zwei Fräulein waren gebeten, denn sie galten für sehr vornehm im Lande und machten viel von sich reden. Man kann sich denken, wie es da im Hause herging. Das arme Aschenputtel hatte nicht genug Füße, um zu laufen, und nicht genug Hände, um zu waschen, zu nähen, zu plätten. Tag und Nacht war nur von Putz und wieder Putz die Rede. Man beratschlagte, als ob es sich um das Heil der Welt handelte, und man ergrimmte und erzürnte sich wohl zwanzigmal des Tages über Dinge, die nicht den Wert eines Stecknadelkopfes hatten.

»Ich«, sagte die ältere, »ich ziehe mein rotes Samtkleid an und meine Brüsseler Spitzen.«

»Ich«, sagte die jüngere, »ich nehme ein gewöhnlicheres Kleid, dafür aber binde ich meine Schleppe mit Goldblumen und tue mein diamantenes Halsband an, das auch nicht bitter ist.«

Man berief die teuersten Haarkünstler und bestreute sich Haare, Hals und Nacken mit Goldstaub. Aschenputtel verstand sich vortrefflich darauf, und ihre Schwestern zogen sie gern zu Rate und ließen sich auch von ihr den Kopfputz aufsetzen. Sie gab ihren besten Rat und verwandte auf den Kopfputz ihren besten Geschmack, denn dazu war sie zu gut, um absichtlich einen schlechten Rat zu geben oder den Kopfputz schief aufzusetzen, was hundert andere an ihrer Stelle getan hätten, um sich an den bösen Schwestern zu rächen.

Während sie ihnen das Haar strählte, fragten sie: »Aschenputtel, du gingest wohl auch gerne auf den Ball?«

»Ach, meine Fräulein, Ihr macht Euch wohl lustig über mich armes Ding? So was wäre viel zuviel für mich.«

»Du hast recht, so ein Aschenputtel auf dem Hofball würde sich komisch ausnehmen.«

Mehr als zwei Tage konnten die Stiefschwestern vor lauter Freude keinen Bissen hinunterbringen, und mehr als ein Dutzend Schnürriemen zerrissen, so eng ließen sie sich die Mieder zusammenziehen, und beständig standen sie vor dem Spiegel und malten sich aus, wie sehr man sie bewundern werde. Endlich brach der große Tag an. Man fuhr ab, und Aschenputtel sah ihnen nach, als der Wagen längst um die Ecke verschwunden war.

Zuletzt konnte sie gar nichts mehr sehen, denn die Tränen stürzten ihr aus den Augen hervor.

Ihre Pate, die sie weinen hörte, kam herbei und fragte, was ihr fehle.

»Ich möchte – ich möchte«, mehr konnte sie vor Weinen nicht herausbringen.

Man braucht gerade keine Fee zu sein, wie es die Pate wirklich war, um zu erraten, was ihr fehlte, und sie sagte: »Du möchtest wohl auch gern auf den Ball?«

»Ach ja!« erwiderte Aschenputtel mit einem tiefen Seufzer.

»Nun gut, wenn du brav bist, will ich’s wohl möglich machen.« Sie führte sie auf ihre Stube und sagte: »Jetzt gehe in den Garten und hole einen Kürbis.«

Aschenputtel lief und holte den schönsten, den sie finden konnte, obwohl sie nicht einsah, wie der Kürbis mit dem Ball zusammenhing. Aber sie war ein gläubiges Gemüt, und ein solches fragt nicht viel und tut, was man ihm befiehlt. Die Pate höhlte den Kürbis aus, ließ nur die dicke Schale stehen, schlug sie mit ihrem Zauberstäbchen, und siehe da, eine vergoldete Karosse stand da, daß es eine Pracht war. Dann ging sie an die Mausfalle, in der sich gerade sechs schöne, lebendige Mäuse gefangen hatten. Sie befahl Aschenputtel, die Klappe ein wenig in die Höhe zu ziehen, und jeder Maus, die herauskam, gab sie mit dem Zauberstäbchen einen kleinen Klaps, und jede Maus verwandelte sich sofort in einen kostbaren Grauschimmel, was im ganzen ein herrliches Sechsgespann von gleichen mausgrauen Apfelschimmeln ergab. Da sie nicht gleich wußte, wo einen entsprechenden Kutscher hernehmen, sagte Aschenputtel: »Ich will einmal nachsehen, ob sich in der Rattenfalle nicht vielleicht eine Ratte findet, die man in einen Kutscher verwandeln könnte.«

»Sehr klug«, sagte die Pate, »sieh einmal nach.«

Aschenputtel brachte die Rattenfalle, und siehe da, es fanden sich drei ganz stattliche Ratten darin. Eine der drei hatte einen sehr fragwürdigen Bart; die berührte die Pate, und es gab einen so bärtigen Kutscher, wie sich ihn nur ein Gesandter wünschen kann.

Dann sagte sie: »Geh wieder in den Garten und hole mir drei Eidechsen, die du hinter der Gießkanne finden wirst.« Aschenputtel hatte sie kaum herbeigebracht, als sie die Pate schon in ebenso viele galonierte, betreßte Bediente verwandelte, die sich so steif und stumm hinter der Karosse aufpflanzten, als hätten sie ihr Lebtag nichts anderes getan.

»Nun«, sagte die Fee, »da ist der Pracht genug, um auf den Hof ball zu gehen. Bist du zufrieden?«

»Freilich – aber – aber – in diesen Kleidern –«

Die Pate berührte sie mit ihrem Stäbchen, und sie stak in einer Toilette, die wir nicht weiter beschreiben wollen, um dem armen Aschenputtel nicht das gesamte weibliche Geschlecht zu Feinden zu machen; und dazu gab ihm die Pate noch ein Paar gläserne Pantöffelchen, ein wahres Wunder der Schuh- und Glasmacherei.

So aufgeputzt stieg sie in die Karosse, und ehe sie abfuhr, empfahl ihr die Pate aufs dringlichste, den Ball ja vor Mitternacht zu verlassen, widrigenfalls sich ihr Wagen wieder in einen Kürbis, die Pferde in Mäuse, der Kutscher in eine Ratte, die Bedienten in Eidechsen und ihre prächtigen Kleider in die alten schmutzigen Lumpen verwandeln würden.

Aschenputtel versprach zu tun, wie die gute Pate .befahl, und fuhr ab, das Herz voll Glückseligkeit.

Als dem Prinzen die Ankunft einer mächtigen, aber unbekannten Prinzessin gemeldet wurde, eilte er höchstselbst die Treppe hinab, um sie zu empfangen, reichte ihr die Hand beim Aussteigen und führte sie in den Saal. Da wurde es mit einem Male ganz stille, mäuschenstille. Alles hörte auf zu tanzen, die Violinen hörten auf zu spielen, und man tat gar nichts anderes, als die außerordentliche Schönheit der großen Unbekannten betrachten. Höchstens daß man hie und da den Ausruf hörte: »Oh, wie schön ist sie!«

Selbst der alte König meinte, daß er seit langem keine so schöne und anmutige Person zu Gesicht bekommen. Darauf seufzte er und die Königin auch. Die Damen studierten vorzugsweise Stoff und Schnitt der Kleider sowie den Kopfputz der fremden Prinzessin, um gleich morgen alles genau nachmachen zu lassen.

Denn die Frauen meinen immer, der Anzug tue es, und sie würden geradeso schön sein wie die schönste Person, wenn sie nur erst auch so gekleidet wären.

Der Prinz führte Aschenputtel auf den höchsten Ehrenplatz, dann bat er sie um einen Tanz, und sie tanzte mit solcher Anmut, daß man sie noch mehr bewunderte als zuvor. Bei Tische brachte der Prinz keinen Bissen herunter, so sehr war er in Betrachtung der großen Schönheit verloren, und so stark hatte sich bei ihm schon jene Appetitlosigkeit eingestellt, welche als ein bedrohliches Zeichen der hitzigen Liebeskrankheit vorauszugehen pflegt. Aschenputtel setzte sich neben ihre Schwestern, überhäufte sie mit Liebenswürdigkeiten und gab ihnen von den Zitronen und Orangen, die ihr der Prinz vorlegte, was die beiden sehr verwunderte, weil sie Aschenputtel nicht erkannten. Da schlug es ein Viertel vor Mitternacht. Rasch erhob sich Aschenputtel, machte der ganzen Gesellschaft einen tiefen Knicks und entfernte sich, so schnell sie konnte.

Zu Hause angekommen, lief sie sogleich zu der guten Pate, dankte ihr für alles Genossene und sagte ihr, daß sie morgen wohl wieder auf den Ball zu gehen wünschte, da sie der Prinz so sehr darum gebeten. Und wie sie im besten Erzählen war, pochten die Schwestern an die Türe. Aschenputtel lief und öffnete, und gähnend, als ob sie eben aus dem Schlaf erwacht wäre, sagte sie: »Ach, wie lange seid ihr ausgeblieben!«

»Wärest du mit uns gewesen«, antwortete die eine, »die Zeit hätte dir nicht lange geschienen. Es war eine wunderschöne Prinzessin auf dem Balle, die schönste Prinzessin, die man sich nur vorstellen kann. Sie war überaus gnädig gegen uns und gab uns Zitronen und Orangen.«

Aschenputtel wupperte bei diesen Worten das Herz vor Freude. Sie fragte nach dem Namen der Prinzessin, aber sie antworteten, daß sie ganz unbekannt sei, daß sich der Prinz darüber höchlichst gräme und daß er alles dafür gäbe, wenn er nur wüßte, wer sie wäre. Aschenputtel lächelte unter der Nase und sagte: »War sie wirklich so schön? Mein Gott, wie glücklich seid ihr! Könnte ich sie denn gar nicht zu sehen bekommen?«

Tags darauf gingen die Schwestern wieder auf den Ball, Aschenputtel auch, nur noch viel schöner und prächtiger aufgeputzt als das erstemal. Der Prinz wich nicht von ihrer Seite und sagte ihr die süßesten Sachen, die jedes Mädchen gerne hört und die auch Aschenputtel gerne hörte. Sie hörte so aufmerksam zu, und die Zeit verging ihr so rasch, daß sie ganz die Warnungen und Anempfehlungen der Pate vergaß, und plötzlich ertönte der erste Glockenschlag der Mitternacht, als sie glaubte, es sei noch nicht elf Uhr. Erschrocken sprang sie auf und floh mit der Leichtigkeit eines Rehs davon. Der Prinz ihr nach, aber er konnte sie nicht erreichen. Er erwischte nichts als einen der gläsernen Pantoffeln, den Aschenputtel auf der Flucht fallen gelassen.

Ganz außer Atem kam sie zu Hause an, ohne Karosse, ohne Bediente, ohne Prachtkleider, in ihre alten Lumpen gehüllt wie sonst. Nichts war ihr geblieben als ein Pantoffel, dessen Bruder ihr vom Fuße gefallen war. Im Schlosse fragte man die Türsteher, ob sie nicht eine wunderschöne Prinzessin hätten hinausgehen sehen.

Sie antworteten, daß sie nichts gesehen hätten als ein schlecht gekleidetes Mädchen, das eher einer Bäuerin als einer Prinzessin ähnlich gewesen.

Als die Schwestern vom Balle heimkamen, fragte Aschenputtel sie, ob sie sich denn gut unterhalten hätten und ob die schöne Dame wieder dagewesen sei. Sie sagten ja! und fügten hinzu, daß aber die schöne Dame mit Schlag Mitternacht auf und davongegangen und daß sie auf ihrer Flucht das reizendste Glaspantöffelchen von der Welt habe fallen lassen, daß der Prinz es aufgehoben und daß er in die Besitzerin des Glaspantöffelchens ganz verliebt sei.

Das mußte wohl wahr sein, denn wenige Tage darauf wurde unter Trompetenstößen überall kundgetan, daß der Prinz diejenige heiraten werde, deren Fuß in das Glaspantöffelchen passe. Man fing mit der Probe des Pantoffels bei den Prinzessinnen an, dann bei den Herzoginnen, dann bei allen Hofdamen – überall umsonst. Man brachte dann das Pantöffelchen zu den beiden Schwestern, die alles mögliche taten, um ihre Füße hineinzuzwängen, aber sie konnten es nicht durchsetzen. Aschenputtel, die ihren Pantoffel erkannte, sah lächelnd zu und sagte: »Wie wäre es, wenn ich es auch einmal versuchte?«

Die Schwestern brachen in lautes Gelächter aus und wollten sie zur Tür hinaustreiben. Aber der mit der Pantoffelprobe beauftragte außerordentliche Gesandte betrachtete Aschenputtel genauer, blickte mit scharfen Augen mitten durch Lumpen und Schmutz, fand sie sehr schön und meinte, es sei nichts wie billig, und er habe Auftrag, den Pantoffel ohne Ansehen der Person und des Standes alle Mädchen probieren zu lassen. Er bat Aschenputtel, sich gefälligst hinzusetzen, kniete vor ihr nieder, schob das Pantöffelchen über ihre Zehen – und siehe da, es saß wie angegossen. Das Erstaunen der beiden Schwestern war groß, sehr groß, und es wurde noch größer und allgemeiner, als Aschenputtel mit einem Male auch den andern Glaspantoffel aus der Tasche zog und ihn, wie nichts, über den andern Fuß schob. Dazu kam noch zur rechten Zeit die Pate, berührte Aschenputtel mit dem Zauberstäbchen, und so geputzt saß sie da, daß die Prachtgewänder der zwei Ballabende nichts dagegen waren.

Jetzt erst ging den beiden Schwestern ein Licht auf. Sie erkannten die schöne Person, die ihnen Zitronen und Orangen gegeben, warfen sich ihr zu Füßen und baten um Vergebung für die schlechte Behandlung, die sie ihr bisher hatten angedeihen lassen. Gute Menschen werden durch das Glück immer besser, und so hob Aschenputtel die bösen Schwestern auf, drückte sie ans Herz, versicherte sie ihrer Liebe und versprach, die ganze Vergangenheit zu vergessen.

Der Prinz, der in einiger Entfernung folgte, stürzte herbei, fand Aschenputtel schöner als je und heiratete sie wenige Tage darauf. Daß sie nun sehr glücklich war und eine große Königin wurde und ihren Stiefschwestern alles mögliche Gute tat – das versteht sich alles von selbst.

Euer Schneewittchen